Von Jean Paul und Caroline Richter an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Meiningen, 20. Mai 1802, Donnerstag

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Meiningen d. 20 Mai
1802.

Verehrtester Vater! Nur ein Misverständnis, ohne unsere Schuld, hat Ihren Reiseplan verändert. So gern ich in der Ostermesse – mit dem Vortheil des kühlern Wetters und vielleicht der Mes-Retourfuhren – gereiset wäre: so gern gab ich diesen Wunsch gegen den Ihrigen auf, im Juny zu kommen. Und eben so zufrieden war ich mit dem neuesten August-Termin. Sie entscheiden nun, ob er es bleiben sol. Da hierüber die Kunstverständigen, |2 nämlich die Wetterpropheten auch zu konsultieren sind; und da einer der besten, den ich kenne, versichert, daß in Deutschland der August der helste und beständigste Monat sei, hingegen entweder der Juny oder July immer schlecht, weil das Sommersolstizium über die ganze Erde Regen bringt: so folg ich am liebsten Ihnen, dem Wetterpropheten und dem August, besonders da meine dreitägige Reise über schlechte Wege geht.

Unendlich freu’ ich mich auf Ihr Wiedersehen und Wiederhören, zumal da Ihre Abbreviatur-Briefe nur schönere Einkleidungen des pythagor. Schweigens sind. Leben Sie froh!

R.

|3 Theuerster bester Vater, Ihr kleiner Brief hat mich dennoch sehr glüklich gemacht, weil er die Hofnung unseres Wiedersehens nun sichert – aber welch ein Spiel des Zufals wir sind! Morgen machen wir eine kleine Reise nach Hildburghausen daher nehmen Sie meine wenigen Worte nur für ein Postkript meines Mannes, denn ich habe noch vieles zu besorgen.

Ernestine ist jezt so glüklich durch mehrere Berliner von Ihnen zu hören, wie Sie in diesem schönen Frühling der Versuchung wiederstehen Sich in Sanders Wagen zu sezen, um ihn recht zu genießen? Diese Gegend hier, würden Sie zur Entzückung schön finden; Ach wenn ich einmal das Glük hätte meinen theuren Vater bei uns zu haben. Sorgen Sie mir bald wieder einige Worte von Ihrem Leben, oder schiken Sie uns wenigstens den abgedankten Bedienten der mir ein lebendiger Brief seyn soll.

Ich muß schließen, vergeben Sie meine Eil. Leben Sie wohl mein geliebter Vater und erhalten Sie Ihr Herz

Ihrer ewig treuen
Caroline.

Zitierhinweis

Von Jean Paul und Caroline Richter an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Meiningen, 20. Mai 1802, Donnerstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0542


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 3 S. 2 S. von Jean Paul, 1 S. von Caroline Richter. Auf S. 4 Adr.: Des Herrn Geheimen Ober-Tribunals | Rath Mayer | Hochwohlgeboren | in Berlin. Siegelreste.

Überlieferung

D: Nerrlich, S. 214, Nr. 117 (nur von Jean Paul).

D: 3. Abt., Bd. IV, Nr. 274 (nur von Jean Paul).