Von Johann Friedrich von Meyer an Caroline Richter. Frankfurt am Main, 21. Januar 1826, Sonnabend

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Frankfurt a. M. d. 21 Jan. 1826.

Hochgeehrteste Frau Legationsräthin,

Aus öffentlichen Blättern ersehe ich, daß mit dem Nachlaß Ihres verewigten Herrn Gemahls auch Alles abgedruckt werden soll, was an ihn über seine Schriften geschrieben worden, und von ihm sorgfältig gesammelt worden sey. Da sich aus dem Jahr 1796 etwas von mir über die Mumien vorfinden könnte, wozu ich durch einen gemeinschaftlichen Freund, Hn. Friedrich v. Örtel in Leipzig, veranlasst worden war, und wovon die Bekanntmachung mir in reifern Jahren eben so wenig wünschenswerth ist, als die Nennung meines Namens in den Örtelischen Briefen: so bitte ich um Unterdrückung und Zernichtung meiner Blättlein, und um jenes Namens Löschung. Nach 30 Jahren weiß ich zwar nicht mehr genau was ich geschrieben, noch was von mir gesagt worden seyn mag; aber nur leibliche Abbilder aus der Jugend pflegen den Vorzug des Erfreulichen zu haben, im Geistigen geht es, so Gott will, stets umgekehrt. Unstreitig werden Sie auch ohne Berufung auf die Rechte eines lebenden Correspondenten meiner Bitte Gehör zu geben geneigt seyn; darf ich aber einen allgemeinen Rath hinzufügen, so ist es der, daß wenigstens die Namen von noch lebenden Personen ohne ihre Einwilligung nicht ausgedrückt werden mögen. Der hinterlassene Briefwechsel |2 von litterarischen Männern hat schon manchen Verdruß nach sich gezogen.

Ich glaube es war im Jahr 1818, daß ich hier in gesandschaftlichen Häusern den edeln Jean Paul zum ersten Mal von Angesicht sah. Meine Urtheile über Göthens Lebensbeschreibung in den Heidelberger Jahrbüchern wurden die Handhabe zu wichtigen Gesprächen, indem er mich fragte, ob ich der JMO sey; sie betrafen besonders das Positive des christlichen Glaubens, das mir längst Bedürfniß und höchste Weisheit geworden war; und wiewohl wir uns nicht vereinigen konnten, schieden wir doch, wie es sich zwischen Wohlmeinenden versteht, jedesmal freundlich und herzlich von einander.

Mit vieler Hochachtung unterzeichnet

Ihr ergebenster
JF von Meyer
Bürgermeister.

Zitierhinweis

Von Johann Friedrich von Meyer an Caroline Richter. Frankfurt am Main, 21. Januar 1826, Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0554


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 4°, 2 S. Auf S. 4 Adr.: Der verwitweten Frau Legations-|räthin Richter | Wohlgeboren | in | Baireuth. | frey. Poststempel: FRANKFURT | 21 | JAN. Siegelreste.

Überlieferung

D: Persönlichkeit, S. 217–218, Nr. 241 (unvollständig).