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Leipzig d. 19.ten Aug. 04.

Herzlichen Dank mein liebster Falk für Ihren lieben freundschaftlichen Brief . Auch ich habe mich die Zeit daher, an denselben Uebel, woran Sie leiden, ganz verdamt schlecht befunden, aber eine Reise ins Schandauer Bad hat Wunderdinge an mir gethan, und die ganze Last die mir mit Centner-Gewichten auf Leib und Seele lag, weggehoben. Ich rathe Ihnen daßelbe. Ihre Diät taugt nichts. Debauchiren Sie ordentlich, und kuriren Sie sich ordentlich; das wird Ihnen wohl thun.

Der berühmte Geisselbrecht hat mir Ihren Brief durch die Post geschickt und wird in einigen Wochen selbst kommen. Ich glaube wohl, daß er die Erlaubniß während der Meße hier zu spielen, ohne Schwierigkeit erhalten wird, und ich freue mich Ihre verfolgte gerüßelte Prinzeßinn, die ihren |2 Eintritt in die Welt, nicht ehrenvoller machen konnte, nun bald zu sehen . Das ist brav, daß Sie wieder auf dem Kampfplatze erscheinen wollen, denn die Gemeinheit ist im Begriff ihre Siegesfahnen auszustechen, und ihr Großadmiral Herr Merkel, fangt an sich unter die erdenklichen Leute zu rechen. – Laßen Sie mich bald Ihre Plane wißen, ich nehme vielen Theil daran, und werde mitwirken so gut ich vermag. Wie gern käme ich mit meiner Frau zu Ihnen und der Ihrigen, aber meine Badereise hat mir so viel Zeit weggenommen, daß ich jetzt nicht fortkomme. Gebe nur der Himmel diesen Winter über guten Muth und ein fröliches Herz, da soll schon was fertig werden, das frey den Leuten unter die Augen treten kann. – Aber Freund wo bleibt denn |3 Ihr Versprechen meinen Herodes und die Maske in der Lit. Zeitung anzuzeigen ? Oder ist das Laviren noch immer vor der Tagsordnung? Ich habe seit einem halben Jahre keine gelehrten Zeitungen gelesen und ich finde, man kann sich auch dabey recht wohl befinden. Was sagen Sie denn zu Tieks Octavian? Es ist doch entsetzlich viel Reimerei in dem Dinge! Die Schlegels scheinen für Deutschland verloren zu seyn , und das ist doch schade. Unser Kotzebue ist wie ich höre ernstlich Willens die Theater in sogenannte Hungersnoth zu versetzen und nichts mehr für sie zu schreiben; wenn ich glaubte, Kotzebue könne etwas ernstlich wollen, so würde ich ihn dafür seegnen! Auf das Produkt des Flüchling nach Paris haben Sie mich erst aufmerksam gemacht. Es rührt wahrscheinlich |4 von einem armen Teufel her, der mit einem Honorar ohne Ehre zufrieden gewesen ist, und zu solchen Dingen kann man weiter nichts sagen als: geseegnete Mahlzeit! Wie gehts in Weimar? Ist Göthe gesund? Gott erhalte dieses große Herz noch lange, nach seinem Tode werden wir alle wie verwaist seyn! – Bötticher habe ich in Dresden nicht besuchen können, weil ich nur durchreiste, er soll aber, wie ich höre, nicht sonderlich hofiert seyn. Ich für mein Theil, gefalle mir in [...]loche diesem auch nicht, und ich würde den Tag seegnen, der mich von Leipzig zu irgendeiner Bestimmung die mir noch Zeit u Freiheit übrig ließ, abrufte, und in die Nähe beßerer Menschen brächte.

Leben Sie wohl mein liebster Falk, herzliche Grüße an die liebenswürdige kleine Frau von mir und meinem Schatze. Laßen Sie bald wieder von sich hören. Herzlich

Ihr

Mahlmann

Zitierhinweis

Von Siegfried August Mahlmann an Johannes Daniel Falk. Leipzig, 19. August 1804, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0581


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Textgrundlage

H: GSA, 15/II,1 C,4
1 Dbl. 8°, 4 S.