Von Johanna Heim an Caroline Richter. Meiningen, 16. Januar 1810, Dienstag

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Meiningen den 16 Jan
1810

So nahe ich immer mit meinem Herzen bey Ihnen geliebte Freunde! bin, so sehr wünsche ich Euch Edle Menschen nicht allein in Geist – sondern von Angesicht zu sehen, nichts hällt mich von diesen Entbehren schadlos alsIhre herrliche Briefe , die ich wenn ich bescheiden sein will nicht so oft erwarten kann.

Alle die Menschen die ich aus Bareuth sehe, spreche – wißen nichts von Ihnen, als daß Sie da wohnen u sagen: ja es sind gar vortrefliche Leuthe wir kennen sie aber nicht – das genügt nicht. Diesen Brief schikke ich auch mit einem Juden der hier eine Glaubensge |2 noßinn heyrathet, mir scheint dieser Jude doch weid gebildeter als unsere hiesigen, er bekomt ein artiges u. sehr gutmüthiges Mädchen u. recht reinlich artig und geschikt, die ich Ihnen empfelen will, sie verdient daß mann ihr gut ist, es war eine Freundinunserer Mädchen . Mein Mann der sich Euch geliebte empfiehlt, befindet sich wohl nachdem er einen bösen Winter hatte der ihm mit Revmathismus endsezlich geplagt hat. jezt gehts wieder beßer u. er besteigt täglich seinen Berg.

Ich bin immer wohl und mache das alles so gut thut. Meine Kinder wachsen auf, 2 Mädchen die Männer nehmen können habe ich, jede ist groß gut u. resp. auch schön, allein die Männer werden immer seldener die durch |3 Fleiß und Endlohnung einen eigenen Herd schaffen mögen. Wagner geht noch immer seinen langsammen Gang, der Kopf und das Herz ist frisch und mann verweilt noch gerne an seiner Seite, seine Kinder wachsen herrlich empor,beide Junges wollen sich zu Künstler bilden. Aber mein Freund Panzerbieder, der wakre der herrliche Kopf ist im Reiche der Todten sein Geist wandelt über Sternen – er starb an der Brustwaßersucht er sah seinen Todt mit schleppenten Schatten komen, wußte den Tag seines Todtes, kämpfte ritterlich zu erst als er über sich siegte – denn das Verlaßen seiner Kinder 4seiner geliebten Frau – zu verlaßen die er alle so innig liebte – ach der Kampf war hart u. doch Gott trostete er stärkete ihn |4 nur er konnte seine Verlaßene Frau aufrichten u. sie hinweisen auf göttliche Vorsehung der Fall war hart, er hinderlies seine Frau mit 4 Unerzogene Kinder u keinen Heller Vermögen -. 2 älteste sind Knaben die jezt viel bedürfen die Herzogin ist gütig u. will was thun mann rechnet viel auf edle Menschen Panzerbieders Seegen wird noch auf sie kommen er war gut u. fromm. Ich habe viel gelitten, seid meinem 14 Jahr waren wir bekannt, u. nachher innige Freunde,Schwendlers verwenden sich viel um sie – ob v. Dauer –

Küßen Sie Ihren ganz herrlichen Mann Ihre liebe Kinder – Mondtags gehenreisen die herrlichen in die Schweiz – im September werden sie wieder erwardet. Wann machen Sie Ihr Versprechen wahr – wann kann ich hoffen Sie Ihren Mann u. Kinder zu sehen?

Ihre
treue Freundin
Heim

Louise Heim ist wohl hergestellt, allein ihre völlige Gesundheit ist nicht wieder da, immer liegt sie wasder alte lebt nach seinen alten Ton. Von den Mädchen die ehemas bey Ihnen diente, habe ich nicht gehört, hies sie nichtLohre u. war aus Rohr (wie Sie recht schön sagen wollten) aus Ruhr. WoSpiz her war.

Zitierhinweis

Von Johanna Heim an Caroline Richter. Meiningen, 16. Januar 1810, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0608


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 4 S.