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Leipzig den 2. Julius 1818

Ihr lieber Brief, beste Frau Legationsräthin, hat mich innig erfreut. Durch die Nachricht des Gelingens meines Planes doch Plan ist mir ein wiedriges Wort wenn es das Herz betrift, also lieber meiner Veranlaßung aus der Bekanntschaft zwischen Ihnen und der Herzogin von Curland, Ihnen eine Freude und angenehme Zerstreuung in den trüben Stunden der Abwesenheit Ihres geliebten Mannes zu verschaffen; aber auch nicht einseitig blieb die Kunde von der Annehmlichkeit dieses Zusammentreffens, denn die liebe Herzogin, schrieb mir von Heidelberg aus, was sie nun nicht mehr blos vom Hörensagen von Ihnen wußte, und schließt damit daß sie sagt: wir haben einander lieb gewonnen und dann schreibt mir auch der Kirchenrath Schwarz noch den Ausdruck seines Bedauerns daß Sie nicht mit nach Heidelberg komen, wie auch die Herzogin die Ursache dieses Bedauerns bestätiget hat. Uebrigens so lieb, auch als ich die Herzogin habe, so finde ich doch fast mehr Genuß darin, daß sie, indem sie noch |2 bis künftiges Jahr die Freude entbehren muß den lieben Jean Paul kennen zu lernen, die einzige Möglichkeit, seine liebe Frau mehr als von Ansehen kennen zu lernen, dadurch erlebt hat daß er nicht in Baireuth war so sehr ich auch zugleich Ihr Gefühl ehre und begreiffe, wie Sie neben den geliebten Mann, Ihrer eigenen Erscheinung, Platz zum Eindruck auf Andere, kaum vergönnen wollen. Nun hat die Herzogin vermehrten Genuß, wenn sie nun wieder nach Baireuth kommt, Sie desgleichen, geliebte Freundin, und auch sogar Ihr lieber Mann. Dieser hat mich hoch erfreut, durch einige Zeilen die er so gütig war, dem Brief des K.R. Schwarz beyzufügen; danken Sie ihm doch recht sehr dafür in meinem Namen ich hätte ihm gleich selbst schreiben mögen, allein da er jetzt wahrscheinlich noch oben drein weniger Muße als je hat, sollte mein Dank nicht zugleich für ihn, die Strafe eines Brieflesens mehr werden, dies gab mir vorzüglich der Eigennutz ein, für die Zukunft nicht etwa dadurch einmal eine Nachschrift weniger von ihm zu bekommen; wie sehr solche Nachschrift |3 erfreut, kann er nicht genug sich sagen.

Fräul. Schuckmann wird Ihnen meine herzlichen Grüße ausgerichtet haben und gesagt wie gern ich auch Ihre liebe Gegenwart in meinem Garten mir gewünscht hätte; jemand aus Baireuth in denselben zu sehen, gab meiner Sehnsucht darnach, eine vermehrte Stärke; sie wird Ihnen erzählt haben, wie ich Ihren lieben Brief aus Liebe und Freude daran, bey mir hatte; ich zeigte das Blatt aber nicht den Brief. Ich freue mich und wünsche noch recht viel von Ihres liebem Mannes Aufenthalt in Heidelberg zu hören, da ich fast alle seine dortigen Bekannten kenne; Schlegel, den ich nicht kenne, wird auch viel von seiner Zeit begehrt haben. Daß er den Hellseher selbst hat beobachten können, ist von großen Werth für die beglaubigte Wahrheit dieser Erscheinung. Gestern erhielt ich einen Danksagungsbrief vom Graf Mosczynsky, der auf meinen Rath den Hellseher befragt hatte und zu seiner größten Verwunderung den ganzen Bestand seines Uebelbefindens vernommen hatte und nun mit |4 großen Vertrauen die empfolenen Mittel brauchen wollte, nachdem er anfänglich als bloßer Weltmann, die ganze Sache bespöttelt hatte. Meine Brust ist viel beßer geworden und ich bezweifle nicht, daß die Cur die ich noch fortbrauchen soll, mir ganz helfen wird.Wie gefällt Ihnen der Vers-Band von Heinroths schönen Buch? noch muß ich Ihnen erzählen, daß er neulich vor mehrern Personen, die es mit Wohlgefallen auffaßten, sagte Jean Paul'n rechnete er unter die Uebergangswesen, er sey höherer Natur.

Ihren lieben Kindern, sagen Sie doch ja; recht viel herzliches von mir; ich würde mich freuen, wenn das Caleidoscope Ihnen und denselben einigen Spaß gemacht hätte und füge noch hinzu, daß kleine Blumen oder auch nur Blumenblätter in daßelbe gethan und alles andere herausgenommen, einen hübschen Effect machen.

Ich habe nicht unterlaßen, der Herzogin die Freude zu machen, ihr zu sagen, mit wie viel Liebe, Sie Sich über sie, gegen mich geäusert hätten.

Sie fragen mich, liebe Freundin, wo Fr. v. Berktum sich jetzt aufhält? ich glaube, noch in der Schweiz.

Mein Sohn empfielt sich Ihnen angelegentlichst. Nun leben Sie recht wohl, meine theure Freundin, und wenn Sie Sich so bestimmt sagen, als es wirklich ist, wie sehr mich Ihre Briefe erfreuen, erhalte ich gewiß bald wieder ein mir so liebes Geschenk. Ganz die Ihrige

Henriette v. Ende

Zitierhinweis

Von Henriette von Ende an Caroline Richter. Leipzig, 2. Juli 1818, Donnerstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0630


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 4 S.