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Coburg den 23t Mai 04

Mein Mann ist jezt auf seiner längst projectirten Reise nach Bamberg, Erlangen, Nürnberg , und ich erbrach Ihren Brief an ihn , theurer Emanuel, weil ich die dazu die Erlaubnis habe, und weil ich ahnete auch etwas für mich darin zu finden – welche Freude ist es in der Einöde, den Ruf eines Freundes zu hören. Dazu habe ich gar keine Nachricht von ihm , und meine Einbildung tanzt in der weiten Luft, denn ich kenne weder seinen Weg, noch die Städte, noch die Menschen die er findet. Es sind heut 6 Tage daß ich in solcher Unwißenheit seines Lebens lebe, und da es theils eine Fußreise ist, indem er den Postwagen nur gelegentlich besteigen wolte, bin ich nicht wenig unruhig! –

Ihre Freude, daß wir bei Ihnen wohnen werden, rührt mich sehr – sie ist also nicht einseitig – und wir werden also alle finden was wir so sehr begehrten – aber ich bereite mich auch mit Ergebung vor, daß ich viel von Ihrer Liebe verlieren werde |2 wenn Sie mich näher kennen in allen kleinen Lagen des häuslichen Wesens. Doch ist mir wieder, als würde die Gegenwart des ofnen strengen Freundes wohlthätig auf mich wirken.

Wir kommen erst im Anfang August zu Ihnen, ob mein Mann früher einen Sprung nach Bayreuth thun wird, weiß ich nicht – noch weniger, welche Wohnung er wählt ! Mir gefält natürlich die nach der Eremitage liegende, beßer, weil sie meinen langen Wunsch erfült – und dann, ist im Sommer nicht die ganze Natur ein Garten? Sonderbar streiten in mir zwei Wünsche. mein Vater wie Sie aus inliegenden Briefe sehen sollen, will seinen Kindern entgegen kommen – welche Aussicht, einmal in der Mitte meiner Familie zu seyn! Wie weit geht aber unser Weg von diesem centrum ab – mein armer Mann verliert wahrscheinlich die auf Wechsel gestelten 50 L;d’or v. Cotta ( ein vorgestern erhaltner Brief v. Cotta bestätigt meine Furcht) und ich darf meiner Sehnsucht |3 nicht weiter nachgeben. Es ist recht hart, wenn das Schiksal uns winket, und wir es vorüber ziehen sehen – –

Ernestine ist wohl, und fortwährend mein geliebtestes nach Mann u Kindern – sie ist meine wahre Mutter, und giebt mir leider zu viele Zeichen dieser Mutterschaft. Es ist mir unbegreiflich warum Mahlmann eine Amt in Berlin sucht, welches jezt wirklich im Werke ist.

Die Berlepsch ist vielleicht schon hier in der Gegend , ich erwarte mit jedem Tage ihr [...] Auf ihre neue Schwägerin freue ich mich [...] Auf Thieriot unendlich .

Ein Fuhrmann geht morgen nach Culmbach , und ist Willens das Bier zu bringen es müste dann schon Freitag Abends in Culmbach im Gasthof zum Anker seyn, wenn er es mitbringen solte, denn Sonnabends muß er schon wieder in Coburg seyn. Doch nimmt er vielleicht die leeren Fäßer mit, die ich auf jeden Fall ihm anbieten will – Guter was haben Sie für Mühe!

Leben Sie wohl – –

Caroline.

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Emanuel. Coburg, 23. Mai 1804, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0636


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Textgrundlage

H: DLA, A:Richter, Johann Paul Friedrich97.155.11
1 Dbl. 8°, 3 S. Auf S. 4 Adr.: Herrn Emanuel | in | Baireuth. | frei. Poststempel: B.3.COBURG. Siegelausriss, Siegelreste. Mit einer Sentenz Jean Pauls auf der Adresseite: s. weiß nicht zu reden u nicht zu schweigen.


Korrespondenz

Auf S. 1 über dem Brief Präsentat: Am 13t Juni | beantw. (Antwort nicht überliefert.)