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Leipzig 12ten Oktober 808

Ich weiß nicht theurer Falk womit ich es verdient habe von Ihnen so hinten angesetzt zu werden. Sie sind mir seit einem Vierteljahr einen Brief schuldig. Nicht blos einen Brief, sondern die Nachricht über den Empfang eines an Sie abgesendeten Paketes. Was habe ich Ihnen gethan? Sie sind ja so lange treu und liebend gegen mich gewesen, womit habe ich diese Gesinnung verscherzt? –

Hier erhalten Sie zwei Almanache einen für St. Schutz. einen für Sie. Sagen Sie Schütz daß ich Anstand nehme ihm selbst zu schreiben, weil ich das honorar für seine Erzählungen in diesem Augenblick nicht beizuschließen im Stande bin. Er wird es von Wilmans selbst erhalten, der es wahrscheinlich in diesen Tagen von Frankfurt abgehn laßen wird. Laßen Sie Schütz diese Stelle lesen, und bestimmen Sie ihn daß er nicht |2 auf mich zürnt. Es ist eine furchtbare Zeit. Ich werde schwerlich lange noch in Leipzig bleiben. Ich habe allerhand Plane. Mein altes Vertrauen in Ihre Freundschaft zwingt mich eine geheime Ahndung ohnerachtet daß Sie nicht mehr derselbe gegen mich sind Ihnen etwas davon mitzutheilen.

Ich habe den Entschluß gefaßt auf's Theater zu gehn und suche ein Engagement. Mein Augenmerk ist auf Wien gerichtet. In Berlin fürcht ich Hinderniße vorzufinden. Können Sie mir behulflich seyn? Wollen Sie es? Scheint Ihnen die Idee für mich ausführbar? – Wenn es Ihnen darum zu thun ist mein alten Glauben an Ihr herzliches Gutmeinen wieder aufzufrischen. Wenn Sie einen Grund haben, ihr oft gesagtes Wort: daß ich Ihnen lieb sey, daß Sie gern mit mir sprechen, daß ich immer erheiternd auf Sie wirkte. |3 Wenn Sie dieses Wort bewähren wollen, so schreiben Sie mir: erstlich [...] Ihre Ansicht von der Sache, und dann ob und was Sie zu ihrer Vollführung thun können.

Iffland ist jetzt hier. Ich habe Mahlmann gebeten mit ihm von mir zu reden. Aber Sie wißen wie er unbestimmt ist und einseitig. Vielleicht schadet es mir mehr als es mir hilft. Vielleicht thut er dieses sogar aus guten Wille.

Apel hat sich verheirathet. Sie wißen daß solche Veränderungen großen Einfluß auf das Gemuth haben. Ich habe lange gefühlt daß das Seinige zerstreut war und abgewendet. So hat das Leben in Leipzig alles verloren was mich hier halten konnte.

Leben Sie wohl theurer Falk. Schreiben Sie bald und viel, und reinigen Sie sich von den Vorwurf der Veränderlichkeit in der Freundschaft, die man nur der Liebe vergiebt.

Minna Spazier

Zitierhinweis

Von Minna Spazier an Johannes Daniel Falk. Leipzig, 12. Oktober 1808, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0681


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Textgrundlage

H: GSA, 15/II,1D,14
1 Dbl. 8°, 3 S.