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Dessau 23 Juny 800.

Ihre Einlagen, werthgeschätzter Freund, sind sogleich besorgt worden. – Was die Himmelsche Sache betrift, so danke ich Ihnen für Ihre diesfalsige Erklärung u für die Bereitwilligkeit, mit welcher Sie dem Zeugniße gegen ihn beitreten wollen. Ganz so ruhen laßen, daß Gras drüber her wüchse, auf das der Renoomist wieder nach Belieben herumtrampeln könnte, werde ich die Sache nicht. Aber, wie ich schon Herrn Härtel in meinem ganz letzten Schreiben gesagt habe – dessen genügender Antwort ich seitdem posttäglich mit einer Sehnsucht entgegen harre, die ihn bekümmern würde, wenn er sie wüsste u überhaupt einer Vorstellung davon in seiner Lage vielleicht fähig wäre! – so gebe ich die proceßualische Weitläuftigkeit allerdings schon von selber auf, da der Mensch sich noch auf eine erträgliche Art sich aus der Sache gezogen hat u |2 nach seiner Art auf Versöhnung anträgt. So ganz ohne Folgen würde ein solcher Prozeß über die Gerichtsstube hinaus doch nicht geblieben seyn. Aber eben weil H. bereits beym Könige sehr schlecht angeschrieben u auf der Kippe stehen soll u er der bedeutenden Feinde genug hat, welche diesen Vorfall zu seinem Schaden wahrscheinlich benutzen würden, so finde ich es unedel mein subjektives Gefühl – denn wie kann meine Ehre mit dem Urtheile eines so viehischen Menschen stehen oder fallen? – so sehr zur Hauptsache zu machen. Unterdeß kann ich darum geachtet von Ihrer allerseitigen Gerechtigkeit u Güte, dünkt mich, voraussetzen, daß Sie mir zu meiner Sicherheit das erbetene Zeugniß nicht vorenthalten werden. Denn weiß er, daß ich so etwas gegen ihn in Händen habe, wofür er sich nach seinem Briefe zu urtheilen doch ein wenig zu fürchten scheint, so habe ich ihn stets in |3 meiner Gewalt u es steht bey mir nach Umständen so viel oder so wenig Gebrauch davon zu machen, als er mich – man kann die Fälle nicht vorhersehen – nicht dazu veranlaßen sollte u ich überhaupt für gut finde. Also so sehr ich des guten Herrn Härtel Wunsch u Gefühl ehre, so bin ich doch überzeugt wird er nicht wollen, daß ich solche Beweise aus den Händen gebe, die mir ein zu entschiedenes Übergewicht über seine schändliche Maschinerie zum Nachtheil ehrlicher Leute verschaft. Sobald also zwischen H Härtel u mir Nichts für uns Wichtigeres u Angenehmeres zu besprechen seyn wird, werde ich so frey seyn ihn nochmal an jene Gefälligkeit zu erinnern. Übrigens aber sollte es mir wirklich leid seyn, wenn, wie ich nach Ihren Äußerungen fast vermuthe, die Verlegenheit in welche ihn mein letzthin dieserhalb gethaner Wunsch möglicherweise gesetzt haben kann, |4 der Grund geworden seyn sollte, warum ich eine für mich jetzt weit wesentlichere Antwort von ihm habe entbehren müssen. Haben Sie die Güte mich ihm zu empfehlen u ihm mein Befürfniß darnach zu vergegenwärtigen.

Leben Sie wohl!

Ihr Spazier
Zitierhinweis

Von Karl Spazier an Unbekannt. Dessau, 23. Juni 1800, Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0707


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Textgrundlage

H: SBB, Slg. Autogr.
1 Dbl. 8°, 3⅓ S.