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Bayreuth d. 14 ten
Juni 1826.

Verehrter Freund!

Ich bin in einiger Unruhe auf meinen letzten Brief an Sie , keine unmittelbare Nachricht von Ihrer Güte erhalten zu haben, obwohl durch die Zusendung des Privilegi, eine mittelbare ; und ich hatte mir vorgenommen Ihnen sogleich nach Empfang desselben meinen unendlichen Dank dafür zu sagen. Die Bestimmtheit desselben gegen die Misbräuche von Auszügen wogegen die Schriften meines Mannes vorzüglich zu wahren sind, war mir eine wahre Himmelswohlthat, und ich bitte Sie, Verehrungswürdigster. dem Herrn Minister von Grolmann wie Allen dazu wirkenden Personen meine Erkentlichkeit zu bezeigen. Ihnen, wird Gott die Mühe lohnen, die Sie dafür gehabt haben.

Möchte nur nicht Krankheit an Ihrem Schweigen Schuld sein, würdigster Mann! und Alle theueren Glieder Ihrer Familie, im vollkommensten Wohlsein, und im Glücke sich befinden. Ich, mein Herrlicher! genieße jetzt eine Freude die Balsam auf die Wunden legt, welche mir Armen das Schicksal geschlagen . Meine und Jean Pauls älteste Tocher, Emma, ist einem |2 vortreflichen jungen Manne verlobt . Dem Maler Ernst Förster aus Altenburg. Eine vollkommene Gleichartigkeit des moralischen und geistigen Werthes, macht mir dieses vom Himmel gestiftete Bündnis zu dem unschäzbarsten von der Welt, denn durch meinen hohen Seeligen habe ich es gelernt was wahre Glückseeligkeit, ist und daß sie nur in den Charakteren der Menschen zu finden ist. Gott hat meine geliebten Kinder in die Lage gesetzt, daß sie nicht nach Geld, Rang und Anstellung zu fragen brauchten und so können sie im Geist und in der Wahrheit fortleben wie sie erzogen und gebildet worden. Gott, und ihr herrlicher Vater wird diesen wahrhaften Seelen-bund segnen.

Im Oktober d. J. wird Emma ihrem künftigen Manne nach München folgen wo ich sie aus meinen Händen, in die Mitte der ausgezeichnetesten Menschen, welche Freunde ihres Vaters waren, versetzt sehe, weil Alle diese auch zugleich die Freunde meines künftigen Sohnes sind. Seine Familie in Berlin, Dresden verzweigt : ist |3 mit der meinigen und den Freunden meines seeligen Vaters verbunden, un so ist er mir wie ein alter lieber Bekannter, wie ein durchaus Verwandter zu betrachten, der nur den Bund der Freundschaft aufs Neue befestigt. O wie viel Sicherheit gewährt das fürs ganze Leben! –

Mit meinen übrigen Angelegenheiten habe ich unterdessen schwere Kämpfe zu bestehen, und auch hierin ist mir Förster eine herrliche Stütze. Ich gehe nun weit beruhigter der Zukunft entgegen da die Welt eine Verpflichtung von meiner Seite anerkennen muß für das Wohl meiner Kinder zu wachen, und für die Erhaltung dessen zu kämpfen, welches man bis dahin, wo wir allein standen für überflüssig hielt. Was hatte man für Rücksichten für eine Mutter und zwei Kinder zu nehmen, die durch den Seegen ihres Hauptes, unverdient zu großen Glücksgütern

Wie die Welt denkt
gelangte? Freunde und Feinde misgönnten uns das, was wir nie anders als zu edeln Zwecken angewendet hätten. selbst wenn nicht die Gründung neuen Lebensglücks hätte Statt finden dürfen. Dies war mit, das bitterste was ich erfahren habe.

|4 Außerdem weiß die Welt nicht, was wir abgeben müssen, denn sogar der reiche und mächtige Cotta, nach meinem kindlichen Glauben der großherzigste der früheren Verleger, verlangt Entschädigung, und hat ein ganz förmliches Verfahren gegen mich eingeleitet, die ihm so vertrauensvoll schrieb, da ich so gern der Grosmuth und dem freien Willen eines Menschen das zu thun überlasse was ich vom Rechte fodern kann . Unverschuldet mußten wir Herrn. Reimer die Werke überlassen, die ich ihm Cotta'n noch einmal angeboten hatte, und die Er hätte übernehmen können, wenn er sich zu der Niederschlagung der Reimerschen Ansprüche hätte bequemen wollen, welches Ihm, ein Leichtes gewesen wäre. Allein er lehnte es ab, weil er sich nicht mit demselben befassen wollte. Ich glaube Reimers Bezahlung war ihm zu hoch, und er wollte uns nicht so viel geben, obgleich Göthe von ihm 140 r 1, 40 000 rth. erhält.

Man sagt allgemein, die Flegeljahre seien vergriffen, obwohl er sie in der Liste seiner vorräthigen Verlagsartikel mit, benennt. Es ist sehr wichtig darüber im Klaren zu sein.

Möchte ein gutes Geschick mir bald die frohesten Nachrichten von Ihnen und den theuern Ihrigen bringen. Mit der ausgezeichnetesten Verehrung, ewig

Ihre Caroline Richter

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Franz Wilhelm Jung. Bayreuth, 14. Juni 1826, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0723


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 4 S. Auf allen Seiten Anstreichungen vfrH. Über dem Brief vfrH: An Jung.