Von Ernestine Mahlmann an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Leipzig, 30. April 1802, Freitag

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Am 2730 ten Aprill 1802.

Schon früher, mein geliebter Vater, hätte ich Ihnen für Ihren lezten Brief , welcher die Erfüllung unsres liebsten Wunsches enthält, gedanckt -– wenn ich nicht von einem Tage zum andern, gewünscht hätte, daß mein Mann meinen Dank mit den seinigen begleite t n hätte solle. Doch, länger kann ich nicht damit zögern! Sie verzeihen es schon, guter Vater, wenn ich Ihnen heut wieder allein schreibe – mein guter Mann hat eher jetzt im eigentlichen Sinne den Kopf so voll, daß er nicht dazu kommen kann andre als kaufmännische Briefe zu schreiben.

Daß ich Ihren Briefe an Caroline besorgt habe, werden Sie aus beikommender Einlage ersehen. Noch danke ich Ihnen herzlich, für die gütige Mittheilung jenes Briefes!

Es thut mir sehr wohl, wenn ich an jeder Kleinigkeit die Sie betrift, mein guter Vater, theilnehmen darf. |2 Das Räthsel von Carolinens langem Stillschweigen hat sich nun gelößt. Es soll ein Brief von ihr an mich schon seit drey Wochen auf dem Thieriotschen Comptoir liegen geblieben seyn, Gott, weiß aus welchen Gründen! – Noch habe ich diesen nicht, doch einen andern , welcher die Versichrung enthält daß Richters nach Leipzig, zu derselben Zeit – da sie, mein guter Vater, reisen werden, auch kommen wollen. Ich habe Sie jetzt um weiter nichts zu bitten als daß Sie doch nun den Termin nun recht festsezen, und ihn uns schreiben.

Mein Mann wünscht so sehr, daß seine Reise nach Dresden mit mir, dochnoch in diesem SommerJahre in Erfüllung gehen möchte. Vielleicht, mein bester Vater, vielleicht reisen wir doch wohl noch alle miteinander dort hin! Das wäre doch ganz himmlisch! – Auf dem Rückwege von Dresden, will mein Mann seine Schwester besuchen, welche in Freiberg mitten im 11 Meilen von hier wohnt . |3 Das Städchen ist an sich unbedeutend, doch liegt es in der schönsten Gegend, mitten im Gebürge. Wenn wir einmal dort sind, wird man – mich wenigstens festhalten – und mein guter Mann, wird mir auch wohl erlauben einige Wochen dort zu beiben – weil es Geist und Körper dienlich ist, sich zu weilen von Leipzig zu entfernen. –

Ich habe auch, Ihrem Verlangen gemäß, Minna Ihren lezten Brief , auch den an Caroline , mitgetheilt.

Im dieser Zeit fängt schon ein neues Leben hier zu beginnen, an. Doch ist mir das Meß-Gewühl nicht so intereßant, als viel, als vielmehr das Erwachen der schönen Natur, in ihrem vollem Leben. Oft spreche ich; wenn Sie doch jetzt hier wären! Denn es ist gewiß, niemals ist L. so angenehm als in dieser Zeit. Und unsre Wohnung ist gar zu herrlich! Wir sind ringsherum eingeschloßen, von einem Kranz blühender Bäume! – Wären Sie doch hier! –

|4 Die Nachricht daß Sie Ihre Wohnung verändern werden, ist mir recht lieb. Längst hielt ich das für nothwendig. Ich möchte selbst nie wieder in der jezigen. Es würde mir alles so leer seyn! – Ein Gärtchen haben Sie wohl nicht künftig dabey? – Es wird Ihnen eine angenehme Zerstreuung gewähren, die neue Behausung einzurichten, nicht wahr, liebster Vater? Ich wollte daß Sie le alles, aus dem vorigen Hause verkauften, und sich recht hübsch einrichteteten und gleichsam ein ganz neues – glückliches Leben anfingen! –

Thun Sie das doch!

Morgen ist der erste May ! – Der Tag ist mir so lieb, weil wir ihn sonst immer mit Ihnen recht kindlich feyerten! – Möchten Sie ihn doch auch jetzt feyern! – Erzinnern Sie sich wenigstens Ihrer Kinder welche Ihnen ewig angehören, mit Liebe, so wie ich mit Liebe und Rührung mich zu dem Andenken an Sie, flüchten werde. Leben Sie recht wohl! – Der Himmel erhöre meine Wünsche für Ihre Zufriedenheit, mein theurer Vater! Ewig Ihre treue Tochter

E’. Mahlmann.

Einliegenden Brief haben Sie wohl die Güte, liebster Vater, bald zu besorgen

Zitierhinweis

Von Ernestine Mahlmann an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Leipzig, 30. April 1802, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0779


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl 8°, 4 S.