Von Ernestine Mahlmann an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Leipzig, 24. Dezember 1801, Donnerstag

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den 24 t Dezembr 1801.

Mein geliebter Vater, es ist jetzt wieder die Zeit der allgemeinen Freude! – Wie gern möchte ich auch zu der Ihrigen recht viel beitragen können! Doch auch eine Kleinigkeit ist Ihnen als ein Zeichen meines kindichen Andenkens werth, und darum lege ich Ihnen an der Stelle jenes verlornen Geldbeutels einen bey den ich für Sie gestrickt habe! – Sie hätten ihn schon früher erhalten wenn nicht die Krankheit meines Mannes mich abgehalten hätte. Dem Himmel sey Dank daß es mit dieser nun ganz vorbeye ist. Jetzt bin ich so ruhig, als ich vorher in Sorge war. Es war in der That gar Spaß – und mir stand das Bild des jungen Gilly immer vor Augen. –

Mir liegt jetzt nichts mehr am Herzen als von Gustchens Zustand bald wieder etwas zu hören. Diese Sorge schmälert mir den Genuß dieser schönen Zeit in der man so gern wieder zum Kinde wird. In unsrer Falmilie ist es ja so immer eine |2 bange Zeit – und ich wünsche nur daß der Neujahrs-Tag nur wieder glücklich vorbey wäre – der war ja immer ein UnglücksTag! – Nehmen Sie sich doch ja in Acht liebster Vater! – Wie gern wäre ich jetzt wieder in meinem väterlichen Hause!

So ist es doch gar nicht mehr, als wenn man im Kreise seiner Familie lebt! Ich habe ja doch keine Kinder denen ich bescheeren kann! Und über worüber ich mich auch freuen kann – es ist mir doch alles so fremd! –

Mit Minna ist es recht gut gegangen! Doch muß sie das Haus noch hüten und entbehrt daher das Vergnügen den Jubel in der Stadt zu sehen.

Doch mich dünkt die Menschen freuen sich hier doch eigentlich gar nicht so wie in Berlin. Alles ist stiller, feierlicher! –Ich sehne mich ordentlich danach, die Knaben die mit ihren Knarren auf den Straßen umherlaufen, und sich vor jubelnder Freude nicht zu laßen wißen, einmal zu hören!

Ich bitte Gustchen mir doch ja zu schreiben, was sie alles |3 geschenckt bekommen hat. – Ich lege diese Kleinigkeiten für sie bey und grüße sie recht herzlich. Die Zeit ist zu kurz nun auch ihr noch zu schreiben. Ich küße in Gedanken Ihre liebe Hand, mein bester Vater, und bin ewig Ihretreue Tochter

E. M:

Mein Mann empfielt
sich Ihnen und Gustchen
und allen, die sich
seiner erinnern.

Zitierhinweis

Von Ernestine Mahlmann an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Leipzig, 24. Dezember 1801, Donnerstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0783


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 2½ S.