Von Ernestine Mayer an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Leipzig, 12. Februar 1801, Donnerstag

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am. 12ten Februar 1800

Ich freue mich, mein geliebter Vater, Ihnen von demGesundheitszustand der Minna , der unser aller Erwartung bis jetzt noch übertrifft die besten Nachrichten geben zu können. ich überlaße Spazier , der auch an Sie schreibt Ihnen einen weitläuftigen Bericht von allem zu geben, und schränke mich nur auf das ein, was mich nun eigentlich am meisten intereßirt.

Und das ist meine Rückreise, an die ich schon jetzt sehr bestimmt denke. Ich glaube nicht daß ich mich an Minna versündige wenn ich es thue. Ihnen aber bin ich es schuldig, und noch mehr meinem eignen Herzen, das sich danach sehnt endlich wieder einmal an dem väterlichen Herzen zu ruhen, und das den Gedanken nicht ertragen kann, sSie hielten es auch nur entfernt für möglich ich dächte mit weniger B[...] |2 meines ganzen Innren an den Augenblick der mich wieder in meine Heimath zurückführen wird, als ich es doch thue

Der Grund meines heutigen Schreibens ist daher ganz einfach der, daß Sie, liebster Vater, doch nun auch recht ernsthaft an meine Rückreise denken, und mir die Art und Weise wie sie am besten und anständigsten geschehen kann, bestimmen möchten. Über den lezten Punkt habe ich selbst schon genug nachgedacht, wie Sie leicht denken können. Das wird auch bey Ihnen der Fall gewesen seyn, und ich erwarte nun das Reßultat Ihrer Überlegungen. Aber recht bald! so bald wie möglich! Wenn Sie so gut sein wollen mir mit nächstem Posttag, auf meinen Wunsch und Bitte zu antworten, so erhalte ich Ihren Briefe grade am 9ten Tage von Minnas Entbindung angerechnet, also an dem, der die Reihe der bedeutenden beschließt, und völlig entscheidet wie bald sie meiner entbehren kann.

|3 Da bis jetzt alles so gut gegangen ist so zweifle ich nicht daß es ferner so gehen wird, und von der Seite wenigstens keine Verzögrung zu befürchen ist. – ich kann mich doch dann immer so einrichten daß ich jeden Tag zur Abreise bereit bin und dadurch ist schon viel gewonnen.

Es weiß so wenig Minna als Spazier daß ich an Sie schreibe, und Ihr Gefühl wird Ihnen sagen warum ich es gern verschwiegen wißen wollte. Minna ist nicht so selbstsüchtig, sondern vernünftig genug einzusehen daß ohne meiner Pflicht und meiner Liebe zu ihr Eintracht zu thun, ich wohl mit allem Recht meine Rückkehr nach Berlin wünschen kann. Doch würden ihr so bestimmte und schnelle Äußrungen dieses Wunsches kränkend seyn, und kränken möchte ich sie nicht gern! – Haben Sie daher die Güte einen Brief an mich der sich auf diesen beziehet, doch so einzurichten daß ihn beyde lesen können und ich nicht kompromittiert |4 werde und sie dürfens nicht merken daß ich davon geschrieben.

Mahlmann wollte schon vorigen Posttag an Sie schreiben und sich entschuldigen daß einige Hinderniße ihn bis jetzt noch immer abgehalten sich Ihnen in Berlin selbst vorzustellen. Doch ein sehr richtiges Gefühl, daß auch Sie ehren werden hielt ihn dann doch davon ab – indem sein Brief in Begleitung der von ihm [...] bezahlten Rechnungen erschienen wäre und das einen doch nicht einen unangenehmen Eindruck gemacht haben würde. Er wird Ihnen nächstens schreiben, und wenn es mir gleich nicht buchstäblich aufgetragen ist, so kann ich Ihnen doch aus vollem Herzen seiner kindlichen Hochachtung und Liebe schon im voraus versichern. –

Erfreuen Sie mich recht bald mit einigen Zeilen von Ihrer lieben Hand, die ich in Gedanken recht innig an meine Lippen drücke. Bald wird es mir vergönnt seyn das in Wahrheit thun zu können! Leben Sie bis dahin so wohl und glücklich als es von ganzem Herzen wünscht Ihre treue Tochter

Ernestine.

Zitierhinweis

Von Ernestine Mayer an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Leipzig, 12. Februar 1801, Donnerstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0823


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 4 S.