Von Karl Spazier an Johann Heinrich Füssli. Leipzig, 15. Oktober 1800, Mittwoch

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Leipzig 15ter October 1800

Erlauben Sie, sehr hochgeschätzter Herr Füßli, daß ich den Brief , den ich hier von Seiten des Herrn Vorstands Ihrer Kunst- u Buchhandlung erhalte, benutze um mich wegen meiner Zeitung für die elegante Welt, wovon Sie vermuthlich eine öffentliche Anzeige gesehen haben werden, an Sie besonders adressire. Es ist wohl Niemand, an den ich mich wegen meines Bedürfnisses nach Kunstnachrichten aus der Schweiz mit mehrerem Zutraun wenden könnte, als Sie.

Ich schweige von dem Grund dieses meines Zutrauens, um Ihrer Bescheidenheit, die immer den ächten Künstler wie den bedeutenden Menschen überhaupt auszeichnet, nicht zu nahe zu treten.

Mein Blatt soll nur dem eigentlich vornehmen und begüterten Theile des Publikums von den Ereignißen, von den Fortschritten u Produktionen im Gebiete der Künste periodisch u schnell Nachweisung geben, wie auch von Büchern, welche |2 das moralische u artistische Schöne zum Inhalt haben. Es ist mir also sehr viel daran gelegen, wie auch Kunsthandlungen u, Künstlern u Schriftstellern selber daran ebenfalls gelegen seyn muß, daß mir schnelle u gründliche, wahre Nachrichten von alle dem Zukommen, was sich im Gebiete des Schönen ereignet. Ich wünsche also eine Art von Vertiefungen dieser Art unter uns, die Ihnen selber wo möglich Freude u im geringsten keine andre Unbequemlichkeit, als einige Bemühung zum Besten Ihres armen Vaterlandes in artistischer Hinsicht mache. Wollten Sie wohl so geneigt seyn, u mir die Ehre gönnen, Sie unter meine Korrespondenten nehmen zu können? Ich meine so, daß Sie mir recht fleißig von dem Merkwürdigsten in obiger Bedeutung einen, u zwar durch Ihre schätzbare Urtheile bekräftigten periodischen Brief erstellen u, wenn es seyn kann, zugleich ihre u weitere Sachen, von welchen die Rede ist, |3 bloß zum jeweiligen kurzen Gebrauch, mit zukommen laßen. So habe ich bereits das Leben des Herrn Heß in Händen. Wenn Sie erlauben, werde ich mein Publikum zu seiner Zeit mit der Erscheinung u dem Inhalte desselben näher, wenn auch nicht weitläufig, bekannt machen . Und so wünsche ich es mit mehreren Dingen. Also was nur irgend in das Fach der Künste u des guten (warum nicht auch schlechten?) Geschmacks einschlägt, soll mir lieb u angenehm seyn, wenn ich es, mit begleiteten Urtheilen, aus Ihrer Hand erhalte, auf welche ich mich sehr gut verlaßen kann. Wollen Sie sich noch in weiterer Hinsicht für mich interessiren, u mir unter Ihren guten Schweizerköpfen einen geschickten, partheylosen Korrespondenten auswirken, der mir zu Zeiten Auskunft gebe über das eigentlich innere Schicksal Ihres ursprünglich herrlichen Vaterlandes, das ich seit meiner Reise zärtlich liebe, von dem |4 Einfluße Ihrer beschwerlichen Gäste auf Ton u Sitten, von Sachen des Luxus u der Mode, die denn doch einmal dem Elende auf den Fuß nachzufolgen, ja es mit demselben sogar aufzunehmen pflegten, vom Zustand der Musik in der Schweiz u was so weiter zum Genuß der großen u verderbten Welt gehört, so werden Sie mich sehr verbinden.

Haben Sie die Güte mit Ihren Nachrichten noch vor der Ausgabe meiner ersten Blätter, die mit dem neuen Jahr herauskommen werden, den Anfang zu machen, damit ich mit etwas Seltenerem u nicht Gewöhnlichen gleich hervortreten könne u laßen Sie uns überhaupt durch etwas Gutes zu etwas Gutem uns verbinden!

Viel herzliche Grüße dem armen, lieben [...] den ich, wie Sie ihm sagen mögen, nie vergessen habe u dem ich, wenn er je von uns will u muß, eine glückliche Reise wünsche! Auch bitte ich Pfarrer Heß u die lieben beiden Toblers , wenn sie noch unter Ihnen sind, herzlich von mir zu grüßen. Ich emfehle mich u meine Angelegenheit zu gütigem Andenken.

Spazier.

Zitierhinweis

Von Karl Spazier an Johann Heinrich Füssli. Leipzig, 15. Oktober 1800, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0827


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Textgrundlage

H: Museum Schloss Lützen, Sammlung Oskar Planer, Pl751a
1 Dbl. 8°, 4 S. Auf S. 1 vfrH: von C. Spazier Urheber der | Zeitung für die elegante Welt. | und Verfaßer einer Reisebeschrei-|bung durch die Schweiz.