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B. 21. Febr. 5.

M. g. Caroline! Heute ist schon der 26te. So lange mußt' ich dieses Blatt so vor mir liegen lassen.

Wenn ich auch selbst schweigen kann: so kann ich mich doch noch nicht an das Ihrige gewöhnen u so machte ich mir Vorwürfe, eben über das ungewöhnliche Ihrige.

Wohl mir u Ihnen, daß Sie Arbeit schweigend machte.

Freilich ist die Anstrengung f. Ihre Augen zu stark; aber ich ziehe diese, bei der Arbeit, doch der beim Lesen weit vor.

Schonen S. nur dann Ihre Augen, wenn die Arbeit es zugiebt, so viel es Ihnen möglich ist.

Eben hab' ich einen Brf. v. meinen lieben Hamburger gehabt, der gesund ist.

Vor 8 Tagen klagt' ich ihm, daß ich lange keinen Brief v. Ihnen gehabt hätte.

An demselben Tag noch erhielt ich Ihren Brf. u auch einen v. ihm , in dem er mir den Empfang eines von Ihnen anzeigte.

Schon vorher schrieb er mir die traurige Lage Ihres lieben Bruders .

Er wünschte, daß S. sich nicht so sehr darüber kränken möchten u leidet mehr bei Ihren Mitleiden, als mit dem Leidenden selbst.

In Hamburg, sagt er, wiße man's gar nicht anders, als daß wöchentlich 4–5 dergleichen Fälle vorkämen.

|2 Mich haben die Worte meines ehrliebenden Bruders auch für Sie getröstet.

Hätt' ich doch auch Trost f. die gute Car. R. Sie wissen es gewiß schon, daß die herrliche Mahlmann nicht mehr ist.

Es würde mir weher thun, wenn ich Ihnen der Verkündiger dieser traurigen Nachricht seyn müßte.

Jetz seh' ich mich oft neben ihr u Ihnen sitzen; ihr hab' ich Sie u alles was mir von Ihnen u durch Sie ward zu verdanken .

Wie gut ist die Vorsehung, daß sies nicht uns überläßt – welcher v. den Unsrigen uns vorerst vorangehen soll – da sies od. wir es doch müssen!

In 50 Jahren sind wir alle gewesen u 50 gewesene Jahre sind Nichts gewesen.

Ich beneide keinen der da war, aber auch keinen, der da ist.

Der arme Mahlmann!

Aber der Herr ist gerecht, allgütig und wir wollen uns nicht nur in seinen Willen ergeben müssen – sondern ergeben wollen.

|3 Wenn Sie Ihr Bekenntniß Pik, mit meiner Feder geschrieben hätten, hätt' es wohl leicht nicht so gut, aber nicht richtiger seyn können.

Lesen Sie was ich Ihnen über ihn sagte, ehe er zu Ihnen kam : Sie werden finden, daß ich es längst wußte, wie wenig er die Sprache versteht, in der man ihm Eigenheiten nehmen will.

Doch ist es ein guter und wird – wie Sagen – gewiß ein nützlicher Mensch.

Für Ihren 2ten Pik leg' ich Ihnen in meinem u meines Uhlfelders Namen eine kleine Anweisung bei. (10 Pr Thl).

Mit meines Us Bewilligung schick' ich Ihnen dessen Einladung im Original.

Da Sie selbst dav. sprechen, hoffen wir viell. nicht vergebens Sie bald zu sehen.

Will die Kalb – für deren Andenken ich herzlich danke u das ich mit Vergnügen erwiedere – etwas vom Richter: so soll sie ihm schreiben .

Ich habe weder Ihren noch ihren Gruß Richters ausgerichtet.

Richters erwiedern nie einen Gruß, besonders er. Ihnen Grüße abverlangen, das kann ich nicht; da hab' ich mich seit einiger |4 Zeit entschlossen, sie auch nicht mehr zu grüssen, v. dem, den sie nicht grüssen.

"Was Du willst, daß Dir Dein Nächster thun soll, das thu ihm auch."

Thieriot grüßt Sie, auch die Ella.

Ein Gruß ist bei mir kein Kompliment, sondern ein heiliges Merkmal der Liebe und Freundschaft, es darf also nie gemißbraucht werden.

Der Himmel mög' Ihnen schon Ruhe gegeben haben u mir geben Sie bald die Versicherung, daß dieser mein reiner Wunsch in Erfüllung gegangen sei!

E.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 26. Februar 1805, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0851


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Textgrundlage

Hk: Slg. Apelt,
1 Dbl. 8°, 3½ S.


Korrespondenz

A: Von Caroline Goldschmidt an Emanuel. Berlin, nach dem 26. Februar 1805