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Leipzig den 13ten August 7.

Sie werden glauben ich sey gestorben, lieber Willmans, oder auf irgend eine andre Art abhanden gekommen, da Sie so gar nichts von mir gehört haben.

Ihren letzten Brief habe ich durch den Krieges Rath Müchler in Berlin richtig erhalten, zugleich auch von diesem die bewußten Gedichte . Auch das Versprechen noch zu Michaelis eine Erzahlung in Prosa zu liefern. Sie glauben nicht wie gut es mir seit der Zeit gegangen ist. Ich bin erst seit acht Tagen wieder in Leipzig, aber auch dafur nun wieder mit Leib und Seele bey meinen Geschäften. Für Ihr Taschenbuch habe ich mancherley Schönes eingesammelt, und noch Mehreres von den besten Köpfen ist mir versprochen . Sie konnen wohl denken daß ich in eine unendliche Menge neuer Bekanntschaften gemacht, aber das Alte behält doch in meinem Gemüthe den Vorzug

Und unter den unzahligen Dichtern und Schöngeistern die um die Theetische der Berlinerinnen schwärmten |2 sind mehr abgeschmackte als intreßante.

Außer dem was ich für den Almanach liefre , liegt bereits eine sehr hübsche Erzahlung von St. Schutz bereit, auch wird diesmal Kind den Almanach mit einer prosaischen Erzahlung beschenken. Richter wird nicht fehlen , und Mehrere neue Sachelchen sollen darin Platz finden die Ihnen gefallen werden. Vor der Hand bin ich freilich noch sehr zerstreut, mein lieber Wilmans, ich habe gar zu schöne Tage in diesem Sommer verlebt um mich so schnell wieder an die Einformikeit des gewöhnlichen Lebens Gefallen finden zu konnen aber es wird sich alles finden, und die Maße neuer Ideen die diese Reise in meiner Fantasie angeregt hat, soll meinem litterarischen Wirkungskreis hoffe ich, mehr zu Gute kommen als schaden.

Sie wissen vielleicht daß Voß zu Michaelis Leipzig verläßt und nach Deßau zieht . Ich habe noch immer 350 rth von ihm zu fordern |3 die kein Advokat von ihm loskriegen kann.

Alles was man gewinnt sind Vertröstungen von einer Woche zur andren. Er ist ein erbärmlicher Mensch.

Nun noch ein paar Worte über eine Sache an die ich von Dresden aus erinnert worden bin.

Schulz verlangt sein Manuskript: die Mondsucht , zurück um es andreswo zu placiren. Sie wissen lieber Wilmanns ich erinnerte Sie schon vorige Ostermeße daran, wiewohl ich keine bestimmte Antwort von Ihnen erhielt.

Besinnen Sie sich genau, was daraus geworden ist. daß ich es nicht von Ihnen zurück erhalten habe, kann ich aller Wahrheit gemäß vor Ihnen behaupten. Sollte es Laun zurückgeschickt worden seyn, so will ich selbst zu ihm gehen und mich danach erkundigen. Nur muß ich vorher genau wißen ob es nicht noch in Frankfurt liegt. Schreiben Sie mir bald und besonders über diesen Punkt, an dem mir sehr viel gelegen ist.

Ich bin unverändert

Ihre ergebenste M. Spazier
geb. Mayer

Zitierhinweis

Von Minna Spazier an Friedrich Wilmans. Leipzig, 13. August 1807, Donnerstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0864


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Textgrundlage

H: Museum Schloss Lützen, Sammlung Oskar Planer, Pl 752 a
1 Dbl., 3 S.


Korrespondenz

Auf S. 4 Präsentat: Spazier | d 21 Augst.