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Meiningen d. 6ten Mai. 8.

Vielleicht erinnern Sie sich noch, mein hochverehrter Freund, eines Einfalles, den ich Ihnen im Augenblick seines Entstehens mittheilte, und den ich noch heutiges Tages für einen meiner besten halte, – des Einfalles, Sie während der Abwesenheit der Herzogin in Gesellschaft des Prinzen und unsres Wagners zu besuchen. Wir wenigstens haben nicht vergessen, mit welcher freundlichen Güte Sie meinem Plänchen entgegen kamen; und nun zieht der Frühling und das Herz uns mächtig hinaus, so daß es mir jeden Abend zu Muthe ist, als müßte ich morgen fort. – Wir wären's auch schon, wenn wir nicht für nöthig hielten, Sie vorher zu benachrichtigen. Die Herzogin war so vollkommen mit unserm Wunsche einverstanden, daß sie selbst zu dieser Reise angetrieben haben würde, wenn es des Treibens bedurft hätte. Sie hat den Plan wie folgt, geordnet: |2 Wir bleiben eine Nacht in Römhild und langen den folgenden Tag 2 Mann und 3 Männchen hoch, bey Ihnen an: 4 kennen sie, der 5te ist der kleine Anton Wagner, den die Herzogin noch außer meinem Julius dem Bernhard zur Gesellschaft mitzugeben wünschte. Bediente und Kutscher fallen Ihnen nicht zur Last sondern bleiben im nahgelegnen Dorfe, wo auch die Pferde verköstigt werden. Nur Wagners Schimmel, wenn er ihn allenfalls mitnimmt, ließe sich nicht wohl von seinem Herrn trennen. – 2 oder 3 Tage sind wir bey Ihnen froh, mitunter wohl gar lustig; aber den 4ten werden wir ernstfhaft, denn da bereiten wir uns zum Abschied.

Sind Sie nun mit allen diesen Anordnungen einverstanden, so wünschen wir weiter nichts mehr, als daß Sie uns die Zeit der Reise zu wählen erlauben. Nur unter einem heitren Himmel möchten wir reisen. Thut ein solcher den 15ten Mai sich über uns auf so fahren wir ab, erwarten jedoch vor allen Dingen Ihre gütige Antwort.

|3 Für unsern Dichter ist diese Reise eine Reise aus der Heimath in die Heimath; für mich auch! Wo man ein so befreundetes Herz, wie das des edlen Bewohners der Bettenburg findet, da ist man wahrhaftig daheim.

Den kalten, steinernen Gast bringt Ihnen der warme, lebendige zurück.

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Mosengeil

Ich eilte mit diesem Briefe zu Wagnern, um zu hören ob er mit dem gewählten Tage zufrieden sey. Da beredete er mich denn ohne große Mühe, einen Expressen zu finden, um wo möglich noch von dem jezigen Himmel zu unsrem Zweck Gebrauch zu machen. Ists Ihnen also gelegen, so kommen wir nun früher, vielleicht schon Mittw. den 11ten Mai?

W. weiß nicht recht, ob er seinen Schimmel mitnehmen soll. Hätten Sie vielleicht ein Roß, das einen solchen Reiter zu respectiren weiß? In diesem Fall bliebe der Schimmel hier. – Zu Fuß kann der Arme auf keinen Fall mit herumkommen.

Der Bote bringt Ihnen einige Hirschgeweihe, woran Ihnen, wie Herr von Könitz versichert, gelegen seyn soll. – Diesen haben wir uns zu begleiten eingeladen. Er glaubt aber nicht abkommen zu können.

Zitierhinweis

Von Friedrich Mosengeil an Christian Freiherr Truchseß zu Wetzhausen. Meiningen, 6. Mai 1808, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0874


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Textgrundlage

H: Baumbachhaus Meiningen, MM XIV-3/6529
1 Dbl. 4°, 3 S.

Überlieferung

D: Ernst Wagner’s sämmtliche Schriften, hg. von Friedrich Mosengeil, Bd. 11, Leipzig: Fischer 1828, S. 183–184 (ungenau, unvollständig).