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Meiningen den 10n August 1808.

Nein, Allerbester, ich sehe Ihr Minchen – diesen Engel, reiner und stillfreundlicher als ich noch je ein Weib sah und sehen werde – ich sehe Minchen nicht wieder. Mein banges Herz sagte es mir nur allzudeutlich. Aber goldne Stunden müssen ihr ewig lächeln an der Seite meines trefflichen Freundes! Und so soll mein Segen immer um Euch schweben, geliebtes, schönes Paar! –

Kommen Sie bald wieder einmal nach Meiningen, guter Mann – ich wüsste keinen, in dessen Händedruck mir so innig wohlwäre! Zieht hin, Ihr schönen, lieblichen Gestalten, nach dem köstlichen Weimar zurück! In jedem Gedanken an Euch ist mir unaussprechlich wohl und wehe! Die Freundschaft, die Ihr mir gereicht, belohn' in Zeit und Ewigkeit ein Fürst und Schöpfer goldner Zeit! – Allen herrlichen Weimaranern meinen Segen!

Grüssen Sie Minchen – ach, wenn ich noch viele Romane schriebe, so würden sich alle meine sanften Heldinen Minchen nennen – schon die Reisen tragen gar manches von ihrem lieben Bilde!

War die schöne unschuldige Frau von Reck nicht in Liebenstein? Ich wünschte, sie liesse mich grüssen – ich wünschte sie auf einen Kaiserthron; das Reich sollte wahrlich glücklich seyn!

Sie wollten die beyden kleinen Gelegenheitsgedichte, über deren Fertigung Sie mich neulich beynahe noch erwischt hätten? Hier sind sie – aber sie sind wirklich nur für meine gute treuherzige H. und meine liebliche A. gemacht, und können, selbst für Sie, meinen gütigsten Freund, schwerlich das geringste Interesse haben, da sie nur morgen aus der Freundeshand der Frau von Köniz gewisse Stimmungen jener beyden guten Gemüther treufreundlich grüssen, aber übrigens auch nicht den kleinsten Anspruch auf Kunst machen wollen. Besonders wünschte ich nicht, daß sie Thümmel, der viel am Pindus gewanderte Odysseus, sähe, weil er mich doch wohl nicht lieb genug hat, um sie zu verzeihen! Nun dann, mein Lebewohl zu tausendmalen!!! JE.

Zitierhinweis

Von Johann Ernst Wagner an Friedrich von Müller. Meiningen, 10. August 1808, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0887


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Textgrundlage

H: GSA, 68/618, Bl 15-16
1 Dbl. 4°, 1 S. Auf S. 4 Siegel und Adr.: An | des Herrn Geh. Regierungsraths von Müller | Hochwohlgeb. | in | Liebenstein. | Abzugeben bey Herrn Hofmedikus | Panzerbieter.