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Meiningen d. 19ten Juny
1810

Unser Bettenburger war eben bey mir, – der auf einen Tag hieher kam um seiner fürstlichen Freundinn ein Lebewohl zu sagen – und im freudigen Gespräch über seine jüngste Bekanntschaft , die wir mit Freuden zu unsren aeltesten und liebsten zählen, erschienen Ihre freundlichen Schriftzüge! Recht lebendig waren Sie nun bey uns, und Ihre theils lyrische theils Elegische Phantasie schwebte so sanft über uns daß ich beynahe glauben möchte sie müßten in Weimar eine Ahndung da von gehabt haben. Das Der deutsche Truchseß sagte, wem die Diplomatik so rein menschlich läßt als unsern Müller, man sich seines Menschen so bewußt ist als er, nun da ists doch der Mühe werth ein Geschäftsmann zu sein. In der jetzigen politischen Welt stimmen selten der einfache Burg oder Landbesitzer und der scharfsichtige Politiker zusammen, aber Müller und ich würden immer harmonisch sein. Sie begreifen lieber Freund, daß ich |2 bey dieser Unterhaltung den grösten Genuß hatte und daß die schönen Stunden die Ihre Anwesenheit uns Allen hier schenkte, im Doppel Lichte vor mir standen. Ihre Freunde hier lieben Sie warm und treu! –

Daß Sie Mienchen gesund und kräftiger fanden freut mich herzlich, auch daß der böse Keuchhusten nicht weiter um sich greift. Aber, wenn die Menschen nur erst genesen wären, die ihn ein mahl haben. Anliegend erhalten Sie den Nahmen des Extracts den man hier sehr glücklich dagegen gebraucht hat. Ohne Zweifel kennen Ihre Aerzte das Mittel, in welcher Beymischung es gegeben wird, kann ich leider nicht angeben weil der Arzt welcher es hier benutzte mit der Herzogin verreist ist. Es ist ein eignes Traktat über daßselbe erschienen, von dem Arzte in Erlangen welcher es zuerst brauchte, leider war derselbe in der hiesigen Officin vergriffen, sonst hätte ich ihn mitgeschickt. Tromsdorff in Erfurt hat ihn zuverläßig.

Die gestörte Gesundheit Ihrer Fürstlichkeiten mag auf das nahe Hochzeitfest nicht freund |3 lich einwirken, wir wünschen daß Weimar bald darüber beruhigt sein möge. Ich bin nicht ohne Sorge um Ihren Herzog. – – – –

Ich erkenne dankbar Ihre Mitwirkung für Panzerbieters Wittwe , die wenigen Worte welche Ch. darüber aufgesetzt hat lege ich hier bey. Ist es aber nicht vielleicht indiscret in dem Cirkel den Sie erwähnten um eine Souscription zu bitten? Sie können nur allein darüber entscheiden! [...] Weihnachten zunächst würde die erste Zahlung sein, daß eine Sache die fortgehen soll nur mäßig angefangen werden kann, darüber waren wir hier einig?

Unsre Einsiedlerin auf der Fasanerie träumt sich noch immer glücklich allda, sie war heute Morgen bey mir und grüßt Sie und die Ihrigen herzlich. Bis im July will Antonie draußen bleiben, könnten wir nur noch einen solchen Morgen dort genießen als den am 9ten Juny!

An Cousine Scheyk Gruß und Liebe, daß Ihre gute Frau an dieser Genoßenschaft Freude hat kann ich mir wohl denken, wir |4 hätten sie auch gerne behalten.

Schwendler grüßt Sie nach alter treuer Weise hat anders der Himmel noch Gefallen an einen wiederholten Genuß den ich haben soll so sehe ich Sie im August. Tausend Grüße an Mienchen von Ihrer

treuen Freundin
Henriette

Göthens Anzeige macht sehr begierig aufs Ganze aber werde ich es denn verstehen? Die Anzeige war freylich auch dem Uneingeweihten verständlich. Entschuldigen Sie die sichtliche Eil dieser Zeilen.

Zitierhinweis

Von Henriette Schwendler an Friedrich von Müller. Meiningen, 19. Juni 1810, Dienstag . In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0928


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Textgrundlage

H: GSA, 68/540, Bl 19-20
1 Dbl., 3½ S.