Von Charlotte von Kalb an Caroline Richter. Berlin, 25. und 30. Oktober 1810, Donnerstag und Dienstag

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Berlin, d. 25. 8ber 1810.

Theure Liebe!

Sie zögern lange mit Ihrer Antwort auf mein vertrauliches Schreiben ; ohne diese finde ich den Faden nicht zu unserer ferneren Unterhaltung. Richter hat meine Briefe nach Bamberg selbst gebracht , so schrieb mir Leonore. Er war meinen Verwandten willkommen wie ein Gott, nicht nur wie ein Bote der Götter. Aus Ihrem väterlichen Haus habe ich vernommen, Sie würden im künftigen Jahre dem Rhein nahe wohnen – mit Anteil habe ich es vernommen, dann hat jene Gegend genug Reiz für mich, daß sie mich dahin ziehen wird. Ich muß ein stärkendes Bad gebrauchen und will vielleicht nach Schwalbach. Sind Sie in Frankfurt, so komme ich und bleibe den Winter über daselbst. Ich habe daselbst und in der Gegend Verwandte und noch bessere Freunde. Wenn Sie nun da sind, so leben auch Seelen dort in der freieren Umgebung.

D. 30. 8ber . Gestern war ich zum Thee bei Ihrer Frau Mutter. Ich hörte von Ihrem geänderten Willen, daß Sie, den Luxus in Frankfurt scheuend, nicht dahin ziehen wollen. Diesen Grund erkenne ich nicht an, aber Ihr Schicksal, und, ich will auch sagen, das meinige muß es so haben wollen. Ich dachte mir eine festliche Zeit, einen heiligen Abend vor dem ewigen bei Ihnen, mit Ihnen. In Fankfurt könnte ich existieren, in Bayreuth nicht, weil ich daselbst Fabrikwaaren von Berlin könnte kommen lassen und andere hinwieder nach Berlin schicken. Dafür hatte ich mir zu dieser Absicht schon manchen Artikel ausgedacht. Ich kann hier in Rücksicht des Handels nicht klagen ; andere Hülfe habe ich nicht gefunden, und dieses bleibt bis jetzo meine vierte Bitte. Der Präsident von Kalb schrieb mir vor einiger Zeit, wenn Dankenfeld an Würzburg käme, so würden wir wieder einen Teil unserer Revenuen erheben können . Er schrieb es mir eilends zum Troste, aber ich erzürnte mich nur, ich kann nicht mehr glauben noch hoffen. Ich habe es mir zum Gesetz gemacht, nicht daran zu denken; aber schmerzlich ist mir die Erinnerung an meine Schwester, den Präsidenten und meine Söhne . Ach, wenn es nicht thöricht wäre zu wünschen, daß ich wenigstens die Söhne unterstützen könnte!

Zitierhinweis

Von Charlotte von Kalb an Caroline Richter. Berlin, 25. und 30. Oktober 1810, Donnerstag und Dienstag . In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0936


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Textgrundlage

D: Kalb, S. 142–143, Nr. 113 (HE Berend)