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Es leidet keinen Zweifel, daß Ihnen aus meinen Briefen an Brockhaus sowie aus dem, was er Ihnen aus der Zeit seines kurzen Aufenthalts hier mitgetheilt haben wird , bekannt sei, welche Wendung meine äußern Verhältnisse genommen! Wie das väterliche Herz die Erhaltung der Tochter innig gewünscht, wie nach langem Kränkeln, wenngleich noch unvollkommen, die gewohnte Thätigkeit zurückgekehrt scheint, und wie auf diese Hoffnung der Plan meines Vaters gegründet ward, mich wenn auch nicht in seinem Hause, doch unter seinen Augen leben zu lassen. [...] Ich habe den Muth, mich an Sie zu wenden, aber es gehört mit unter die qualvollsten Empfindungen meines Lebens, wenn ich mir denke, wie ich Ihnen und Ihrem theuern Hause nun wieder als Gegenstand der Beschwerde und nie, wie ich doch so schön in hoffnungsvolleren Tagen geträumt, als ein werthes Mitglied Ihres häuslichen Kreises erscheinen dürfte. Dies Gefühl drängt alles Bittere des langen Kampfes in sich zusammen, der mein Leben ausmacht und von dem sich noch immer nicht sagen läßt, daß er vollbracht sei! [...]

In welcher Stimmung ich diese Zeilen schreibe, wird Ihr Herz Ihnen sagen. Ich sehe Ihrer Antwort mit Spannung entgegen. Ebenso oft zu Ihrer und der Ihrigen Erinnerung hingezogen, als durch eine tiefe unüberwindliche Wehmuth davon zurückgescheucht, folge ich heute einer äußern Veranlassung und fühle es doch schmerzlich, daß es eine äußere Veranlassung gewesen, die mir nach so langem Schweigen den ersten Brief an Sie eingibt.

Lassen Sie mich bald ein Zeichen Ihres Andenkens sehen! Emma, der Sie so gütige Theilnahme gönnten, empfiehlt sich Ihnen.

Genehmigen Sie die Versicherung der innigen Liebe und Dankbarkeit, mit welcher meine Seele in Gedanken unter Ihnen weilt; ich bin bis in den Tode

Ihre innig Sie verehrende

M. Spazier,
geb. Mayer

Zitierhinweis

Von Minna Spazier an Ernst Karl Friedrich Ludwig. Berlin, 8. März 1811, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0953


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Textgrundlage

D: Brockhaus, Leben 1, S. 215 (unvollständig).


Korrespondenz

A: Von Ernst Karl Friedrich Ludwig an Minna Spazier. Altenburg, 31. März 1811