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Berlin, d. 12. Julius.

Sie haben, meine Teure, einen Brief von mir erhalten, wie ich aus einem Briefe von meiner Cousine bemerke. Die gute Auguste scheint besorgt zu sein, ich könnte plötzlich kommen ; jetzo wäre ich unpassend, wo ich noch alle gute Verhältnisse genießen kann, aber wenn dies alles aufhören müßte? Dann fände ich mit vielen anderen eine Heimat unter dem Himmel. Die Zustände, die dieser Krieg , wohl ein jeder, herbeiführen kann, sind nicht vorauszusehen. Mein sehr unbestimmter Gedanke, vielleicht jetzo nach Franken zu gehen, gründete sich auf diesen Plan. Einige Officiers-Frauen, die Revenuen in Franken haben und jetzo keine erhalten, wollten dort einige Zeit bei Verwandten wohnen, und die eine, die Witwe geworden, daselbst bleiben. In dem Fall wäre es möglich gewesen, wenn ich nicht im Schloß hätte bleiben , und meine Freunde auch zerstreut worden wären, daß ich dann bei Verwandten gewohnt hätte. Diese Damens sind mir Freunde, kennen meine Verhältnisse in Berlin und hätten mir leicht für einige Zeit, wenn es mir gemangelt hätte, Credit gegeben. Die Hoffnung zum Frieden hat das Vorhaben dieser Damens wieder vereitelt. Wir dürfen zwar, wie jedermann mir sagt, nicht auf den Frieden rechnen, aber man vergißt doch diese Hoffnung nicht, weil alles, was uns Trost gewähren kann, davon abhängt.

Ehe ich sterbe, möchte ich Richter noch sehen und sprechen . Er wird mich vielleicht sehr frei von [...] finden, aber mehr gleichgültigen und dennoch scharfen Sinn.

Ihre Schwester wird vielleicht bald Neustrelitz wieder verlassen ; übrigens hat sich aber nichts für sie verschlimmert.

Mit Gelegenheit sollen Sie umständlich von ihr wissen.

Adieu.

Ch.

A. Madame Richter.
Zitierhinweis

Von Charlotte von Kalb an Caroline Richter. Berlin, 12. Juli 1813, Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0982


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Textgrundlage

D: Kalb, S. 150–151, Nr. 119 (HE Berend)