Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.



|1
Meiningen den 11n Oct. 1805.

Mein verehrtester, gütiger Freund! Ich eile, sowohl Ihnen meinen innigen Dank für Ihre bereitwillige Zahlung an Israels Söhne zu sagen, als auch die in Ihrem gestern erhaltenen lieben Briefe gethane Fragen zu beantworten!

Es freut mich sehr, daß der erste Band der Maler doch noch zur Messe fertig wird . Ich fürchtete, es sey Ihnen etwas Verhinderndes vorgefallen.Der Himmel bewahre nur mich, den Schreiber, Setzer und Korrektor vor erratis, und verleihe uns einen gnädigen Kupferstich , an dem Sie und ich und die Leser Freude haben! In dem allen bin ich in Ihrem Schoosse, bester Mann, voll Hoffnung und Vertrauen! – Was den Haupttitel betrifft, so lasse ich Ihnen Freyheit, (wenn er nemlich geändert werden muß) unter folgenden zu wählen: 1) Die reisenden Maler und ihre Freunde, ein Roman von Ernst Wagner. 2.) Die Maler und ihre Freunde, ein R. pp 3.) Die reisenden Maler in Sabinium , ein pp 4.) Die Maler und ihre Freunde in Sabinium, ein pp Doch bitte ich, No 2 und No 4., wo möglich, nicht zu wählen. Auch könnte es heissen 5.) Die reisenden Maler (und die) (unter den) Frauen in Sabinium p – wenn nur das unter besser klänge, und das und die besser aussähe. Doch Sapienti sat !

Ich glaube es wohl, daß dieser abscheuliche Krieg auch Ihnen alle neuen – hauptsächlich so ungewisse – Unternehmungen verleidet, wie meine Briefe .

NS
Könnten Sie aber vielleicht mich Herrn J. G. Cotta, den Sie ja gewiß sprechen, empfehlen, so wäre mir das sehr erfreulich – doch, auch er wird dergleichen jetzt wohl schwerlich unternehmen!

Krieg! – Ja, apropos! ich habe vor einiger Zeit meinen Kunstplan von neuem in München einsenden müssen, bey Gelegenheit der neuen Organisation dortiger Akademie wobey mir die Kurfürstin sehr gütig geschrieben . Aber ach – – welche Veränderung fühlte dieses herrliche arme Weib seit wenigen Wochen! – Sie sehen selbst, verehrtester Freund, daß es Thorheit seyn würde, für jetzt mit dem Plane hervorzutreten. Ich werde also das Kunstgespräch vom 2ten Bande der Maler weglassen , und, dem gemäß einiges im Texte ändern, um nicht meinen Liebling dem politischen Höllengelächter Preiß zu geben. Auf diese Art wird der 2te Band nur etwa 20 Bogen stark

mit dem Plane ungefähr 30.
werden. Das thut doch wohl nichts? – Ach, ich hatte so reizende Hoffnungen durch dieses kunstfreundliche Weib und ihre trefflichen Schwestern ! Alles ist dahin – – ob auf ewig? – –

Das Frauen-Journal ist, zwey Tage nach meiner Anfrage bey Ihnen, alles richtig bis zum Sept. eingegangen. Nehmen Sie meinen herzlichen Dank für Ihre Einladung zum Mitarbeiten. Es kommt mir gerade recht, und ich behaupte oder prätendire eigentlich, ein Damenschriftsteller zu seyn, weil ich sie so sehr liebe, und weil sie meinen Wilibald lieben. Unter uns gesagt: Man findet in diesem Journal weniger als man er- |2 wartet hatte. Und so viel ich auch rufe und schreye: "Man durfte nicht zu viel erwarten, d. h. nichts ausserordentlich Poetisches – kein Aggregat von Kunstwerken – keine vornehmen indischen und abissinischen Blütenbüschel, die in "Farbentönen schwimmen", sondern nur angenehme und gesunde Hausmannskost wie sie das Weib wirklich ihrer Freundin auftischt – keine heimlichen Aufsätze von Wieland, Schiller pp, sondern wahrhaft selbstgeschriebene Sachen von Frauen", so wenig helfen doch diese Zurechtweisungen; das Ganze bestätigt vielmehr den in unsern Malern enthaltenen Satz nur allzusehr: daß das Weib nichts so gering schätzt, als Ihresgleichen, und daß der Mann zwiefach gerechter gegen Seinesgleichen denkt. Lassen Sie die Männer daher arbeiten, ohne die Frauen auszuschliessen, und seyn Sie des Beyfalls gewiß! Das Weib kann nur als Erzählerin (und dann doch selten) unterhaltend für ihr Geschlecht seyn. – Auch ich will denn suchen, Ihnen zuweilen ein Scherflein beyzutragen. Ich dächte aber, Sie kündigten diese Abänderung schon im Oktoberheft an, und ladeten unsern J. P. Richter auch dazu ein. Könnte ich Sie doch mit seiner eigensinnigen Muse versöhnen! – Hat er denn nicht in mehrern Formen und Formeln offenbar das Schönste und Höchste geliefert, was in irgend einer Sprache geschrieben steht??

Leben Sie wohl, theurer Mann. immer verehrt von

Ihrem

treuen JEWagner


250 rth 340
90 132
340 218.

Zitierhinweis

Von Johann Ernst Wagner an Georg Joachim Göschen. Meiningen, 11. Oktober 1805, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1043


Informationen zum Korpus | Erfassungsrichtlinien

XML/TEI-Dokument | XML-Schema

Textgrundlage

H: DLA, B:Wagner, Ernst
1 Dbl. 4°, 1½ S. Auf S. 4. Adr.: An | Herrn Buchhändler G. J. Göschen | Wohlgeboren | in | Leipzig. | Postfrey. | Recommdt (Postvermerk). Siegelrest; Rechnung auf Adressseite.


Korrespondenz

Auf S. 4 aoR Präsentat: Meiningen d 11n Oct805 | Wagner