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Leipzig 30 Januar 809

Ich danke Ihnen herzlich, mein theurer K. für Ihre freundliche und schnelle Antwort .

Es ist mir herzlich lieb daß ich noch wie sonst auf Sie rechnen kann – denn Nichts ist in diesen losen und schlechten Zeiten mehr in Ehren zu halten als, ein Freund.

Wegen meines Ihnen gemachten Antrages noch folgendes. Ich habe übrigens gar nicht aus Mangel an Vertrauen gegen Sie das Nähere verschwiegen – sonders aus einem gewißen Schicklichkeitsgefühl – welches mir die Umstände insofern auferlegten, als ich mich noch in einer gewißen Kollision mit einem andren Buchhändler befand als das ich den

Die Verlagshandlung für die ich Sie zu gewinnen suche glaube ich Ihnen schon genannt zu haben. Es ist das Industrie Komtoir in Amsterdam, deßen Verlagsartikel alle ausgezeichnet sind und Konnexion verrathen. Ich hoffe lieber Kind, daß Ihnen die Gesellschaft von Jean Paul, Böttcher, Apel, Müchler, |2 Natalie – (Charlotte von Ahlefeld – Verfasserin der Maria Müller – jetzt in Dänemark) deren Gedichte vor kurzem bey Unger in Berlin erschienen – recht wohl werde .

Aufgefordert zum Beitritt sind außer diesen noch: Baron dela Motte Fouqué – oder Pelegrin. – BaggesenOehlenschlager – u.s.w. Nahmen doch wohl – die Sie gern hören.

Mahlmann nenne ich nicht weiter. Er versteht sich von selbst – da er in gutem Vernehmen gegenwärtig steht – mit mir – und auch mit der Handlung. Der Charakter der Entreprise – ist ein poetisches Taschenbuch auf 1810. – Zu deßen Schmuck der geistvolle und bemittelte Verleger – alles aufwendet, was seine Connexion, seine artistischen Kenntniße, sein Verkehr mit den berühmtesten Instituten, seine Bekanntschaft mit den Schätzen an der Gallerie von Paris und aller großen Plätze des Auslandes – ihm leicht machen.

Herr Hofrath Bötticher intereßiert sich in Dresden für die Ku Besorgung der Kupfer – in Hinsicht auf welche Hartmann und Friedrich vielleicht |3 Aufträge erhalten übernehmen werden . –

Ich habe alle Ursache für mich auf die besten Bedingungen zu rechnen – so wie Jedermann die Proposition an die Mitarbeiter gut nennen würde. –

Hier habe ich nun also gebeichtet – lieber K. mehr als ich eigentlich soll. Ich hoffe aber gewiß auf Ihre Verschwiegenheit rechnen zu dürfen.

Sie wißen das Plötzliche ist bei diesen Dingen immer das Beste. Wenn vorher viel geschwatzt wird, so wird der Eindruck matt.

Verzeihen Sie die Liederlichkeit dieses Briefes. Ich schreib‘ ihn in der großten Eile, da noch immer ein Wust von Briefen vor mir liegt, die ich zu beantworten habe.

Laßen Sie mich ja bald wieder von Ihnen hören. Darf ich denn itzt einmal bestimmt auf eine Novelle rechnen ? – Ihr Gedicht der Harfner in den letzten Blättern der eleganten Zeitung ist göttlich – So ätherisch, und körperlich zugleich. Man möchte den Silfen nach den Gestalten mit Händen greifen, und doch ziehen sie wie Silfen über unsre Häupter weg. Adieu, lieber K.

Die herzlichsten Grüße an Ihre liebe Frau von

Ihrer ergebensten
Minna Spazier.

|4 Ihr Anerbieten wegen einiger Gesänge u das eines größeren Gedicht darf ich nicht annehmen weil ich lauter Ganze liefern muß. Auf die Ballade u.s.w. rechne ich aber sehr.

Das wichtigste bleibt mir aber immer Ihre Erzählung. Dannach läßt sich ja auch der Gewinn weit beßer für Sie weit mehr in Anschlag bringen – als nach einzelnen Gedichten die wenige Blätter füllen.

Sie sehen daß ich ganz ehrlich von der Sache mit Ihnen rede. Ich hoffe daß ich in Ihren Augen, durch diese Offenheit nichts verlieren werde. Adieu liebster K. Laßen Sie mich nicht zu lange auf einen Brief hoffen!

M.

Zitierhinweis

Von Minna Spazier an Friedrich Kind. Leipzig, 30. Januar 1809, Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1069


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Textgrundlage

H: SLUB, Mscr.Dresd.App.42,248
1 Dbl. 8°, 3⅔ S.