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Guten Morgen, mein gütiger Freund! Es mag wohl ein wenig anmaßend sein, Sie nach einer so kurzen Bekanntschaft sogleich meinen Freund zu nennen, aber Sie sind es, denn sonst hätten Sie mir den herzigen Genuß nicht bereitet, den mir gestern das Wiedersehen und Wiederfinden der herrlichen Hopfgarten bereitete gewährte. Ich erkenne dankbar, daß ich Sie während meines Hierseins recht oft sah, nur waren die Momente so abgerißen und wieder so ineinandergreifend, daß ich mir durchaus kein prägendes Bild davon entwerfen kann. Ich möchte wohl ein Stündchen ruhiger Unterhaltung mit Ihnen genießen und dies Andenken dann in meine Berge zurücknehmen, wo sich so manches Bild der Vergangenheit lieblich und innige an die Gegenwart reihet. Der ganze Vormittag gehört mir, ich habe alle Convenienzen beseitigt, vielliecht könnten Sie mir die gestrige Stunde schenken die wir dann in Park zubrächten. Zu den Kindereyen meines Wesens gehört, daß ich meine Freunde so gern im Freyen im großen Tempel sähe.

Henriette Schwendler.
Morgens 8 Uhr
Zitierhinweis

Von Henriette Schwendler an Johannes Schulze. Weimar, Mitte September 1810. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1087


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Bl. 8° quer, 1 S. Auf S. 2 Adr.: Herrn | Professor Schultze.


Korrespondenz

Zur Datierung: Henriette Schwendler begab sich am 28. August 1810 auf eine Reise, die sie über Leipzig, Berlin, Potsdam und Küstrin zum Gut ihres ersten Ehemannes in Schönfeld führte. Auf dem Rückweg über Züllichau und Leipzig machte sie in Weimar Station, wo sie Johannes Schulze kennenlernte, bevor sie über Gotha nach Meiningen zurückkehrte. Dort traf sie kurz vor dem 30. September 1810 ein. Das Billet wurde in den Tagen in Weimar geschrieben.