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Neu-Strelitz 28 August 16

Meine Besorgnis, Ew. Wohlgeb. durch mein neuliges Schreiben unangenehm geworden zu seyn, ist nach Ihrem gütigen Briefe , welchen ich gestern erhielt, ungegründet gewesen, und ich danke Ihnen von Herzen selbst für die Art, wie Sie mein Anerbieten zurückweisen.

Niemand kann die Herausgabe eines Zeitblattes auf eigne Kosten mehr scheuen als ich, zumal da der marktschreierische Weg durch Subskriptions-Verkäufe – welchen mehrere meiner Rathgeber mir empfehlen – für eine Frau mir doppelt unzart und tadelnswerth vorkommt. Und diesen einzuschlagen, würde ich nun doch wohl genöthigt seyn, da ich nun auch in der Hoffnung getäuscht mich sehe, welche während meines Auffenthalts in Berlin mir gemacht wurde, die Rückstände der WittwenkaßenZahlungen durch die oberste Finanzbehörde, zu meinem Vorhaben, angewiesen zu erhalten.

Ich möchte aber nicht gern der Unentschiedenheit meiner Aussichten, in diesem Punkte, wegen, die Hand fahren laßen, welche Ew. Wohlgeb, in Ihrem Briefe mir so freundschaftlich darreichen. |2 Wäre es auch vielleicht in einer andern Richtung, als ich zuerst beabsichtigte!

Es scheint mir nämlich, daß bey Ihren ausgedehnten Geschäften, vielerlei vorkommen müße, wobey Jemand von Ihnen benötigt werden könnte, der mit einigem Talent für Sprachen die mehrere letzten Jahre seines Lebens, mit auf das Studium de r s e E nglischen, i I talianischen, und f F ranzösischen Sprache zugebracht hat; und vielleicht spanische Bücher zu bearbeiten den Muth haben dürfte.

Wenn ich selbst es bin, die in diesen Worten sich meinte, so hoffe – werden Ew. Wohlgeb. mir dieses für keine Ruhmredigkeit auslegen, denn es ist ja hauptsächlich aus dieser Leichtigkeit, aus der [...] fremden Sprachen zu arbeiten, mein Wunsch, ein Unterhaltungsblatt herauszugeben, gegründet. – Und um wie viel lieber würde es mir seyn, mit einem und demselben Buchhändler, für eine fortlaufende Thätigkeit, auf bestimmte Bedingungen, eine Vereinigung, begründen zu können, als mit Mehreren zugleich in Verhältnis zu treten? – Eben für Ubersetzungen, wie ich sie schnell |3 anzufertigen, geübt bin. – –.

Wollen Ew. Wohlgeb. mir hierüber ein Wort noch gönnen, und wenn der abgeschloßne Kreis Ihres Wirkens vielleicht so fest gegliedert bereits da steht, um nichts Fremdes mehr in sich aufzunehmen – mir vielleicht eine andre Verlagshandlung nennen, der mein Anerbieten paßte, so würden Sie sich ein großes Verdienst erwerben.

Mit dem Ausdrucke der größten Hochachtung nenne ich mich

Ew. Wohlgeboren

ganz ergebenste J.C.W. Spazier
geb. Mayer

Zitierhinweis

Von Minna Spazier an Theodor Christian Friedrich Enslin (?). Neustrelitz, 28. August 1816, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1127


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Textgrundlage

H: SLUB, Mscr.Dresd.t,3949
1 Dbl. 8°, 2½ S. Über dem Brief vfrH:Uthe-Spazier.


Korrespondenz

Zum Empfänger: Vermutlich ist der Brief an den Berliner Verleger Theodor Christian Friedrich Enslin gerichtet, denn der zweite Absatz bezieht sich auf einen zurückliegenden Aufenthalt Minna Spaziers in Berlin und der ganze Brief bittet um Zusammenarbeit bzw. Arbeitsvermittlung im Verlagsgeschäft. Ab 1817 begann Spazier als Redakteurin den Almanach "Sinngrün" zu realisieren, der 1819 in Enslins Verlag erschien.