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Eisenach, d. 31sten August
1817.

Indem ich wehmüthig von einem Nachruff scheide, den ich unsern verehrten Vogtschen Ehepaare überschrieben habe, wende ich mich zu Ihnen, theurer Freund, mit einem herzlichen willkommen Gruß. Mit Freuden haben wir Ihre Rükkehr vernommen und daß Sie sich gestärkt von Ihrer Badereise fühlen. Wir haben Ihrer wie Sie leicht errathen können, in der neuesten Zeit viel und in Liebe gedacht; recht ächte köstliche Momente haben wir mit Vogts verlebt und Sie herzlich in unsere Mitte gewünscht! Im eigentlichen Sinne komme ich mir verwünscht vor, seit die liebe Nachbarschaft aus dem Schloße geflohen ist. Jeden schicklichen Augenblick suchte ich |2 zu benutzen das würdige Paar zu sehen und zugleich mein Herz zu erquicken an den schönen Bildern die beyde abwerfen. Er der liebenswürdigste Greis mit dem jungen für alles zarte rege Gemüth, sein kräftiges Auge welches weit über den wohl ein wenig geschwächten Körper ragt, die über sein ganzes Wesen ausgegegoßne Ruhe als Scheitel der innern Ueberzeugung. Ich kann Ihnen, liebster Müller, nicht beschreiben wie innig mich Vogt so wie er war ergriffen hat und wiederum die herrliche Frau, die um den Lebens Abend dieses Mannes eine Verklärung wirft in der sie selbst wie ein Friedens Engel strahlt. Sie wißen wie gern ich Sie in meinem Innern |3 lesen laße, und darum habe ich mich Ihnen jetzt mit der Fülle meiner Empfindung und im Schmerze der Trennung von so edlen Menschen hingegeben. Sie verstehen mich ja auch ganz denn über Vogts denken wir einerley u durch Sie lernte ich Vogts schon früher kennen! – – —

Ihrem lieben Flüchtling werden Sie bald besuchen, nicht wahr? – Ich wünschte es weil auf Adelbert Liebe und Ernst am besten wirken, er ist gut in Schnepfenthal, aufgehoben daß wiederhohle ich Ihnen mit gewißenhafter Ueberzeugung. Die Post eilt, Schwendler grüßt u schreibt nächstens mit alter treuer Ergebenheit

die Ihrige
Henriette Schwendler

Nur mit zwei Zeilen rufe ich Ihnen, theurer Freund, glückliche Ankunft und glücklichen Erfolg Ihrer Badekur zu! Nächstens mehr, da ich Ihres Beyraths so sehr bedarf, wie in Würzburg wohin mich ein so ganz unerwarteter Ruf führen soll, – in Ihrem Geiste fortzufolgen, was Sie begonnen haben.

Wie hätte ich mir es je träumen lassen können als wir noch Rosenbacher Antagonisten waren, daß mich das Loos treffen würde, in Ihre Fußstapfen treten zu sollen – ! – Also versagen Sie mir nicht Ihre Beyhilfe und die Schätze, die Sie schon darüber gesammelt haben.

Mit treuer Ergebenheit

Ihr

S.

Zitierhinweis

Von Henriette Schwendler und Friedrich Christian August Schwendler an Friedrich von Müller. Eisenach, 31. August 1817, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1131


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Textgrundlage

H: GSA, 68/540, Bl 35-36
1 Dbl. 8°, 3 S. von Henriette Schwendler, 1 S. von Friedrich Christian August Schwendler.