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Gewis werden Sie, mein bester Herr Vieweg über mein Schweigen auf die Zusendung Ihrer Bücher, stutzig geworden sein und ich verdenke es Ihnen nicht, wenn Sie an mir irre geworden sind. Sie kamen einige Tage nach Absendung meines Pakets an Sie in meine Hände, und ich gestehe ich war sehr erfreut durch Ihre Güte; allein so wie die Sachen jetzt stehen, kann ich sie blos als dépositum betrachten das Sie zu anderweitigem Gebrauch mir anvertraut haben.

Ehe ich Ihnen Nachricht des Empfangs geben wollte, erwartete ich erst Antwort von Herrn Cotta, der wie Sie wissen frühere Zusicherungen über die "Selina" hatte. Seiner Entscheidung mußte ich es überlassen, ob er auch den Verlag derselben verzichten oder ihn behaupten wolle.

Lange ließ er mich auf seine Antwort warten, endlich erhielt ich vorige Woche einen Brief, der mich unabänderlich zwingt, sie in seine Hände zu geben.

Beklagen Sie mich, mein sehr geehrter junger Freund am meisten bei dieser Fehlschlagung Ihrer Wünsche, meine |2 schwache Seele kann sich wahrhaften Kummers darüber nicht erwehren, da meine Fantasie, sich die Ausstattung des Werks durch Ihren Geschmack so schön gedacht hatte, aber was kann ich thun? Andrerseits hat Herr Cotta auch so viele Rechte auf unsere Hochachtung, denn Er war es, welcher in den Kriegsjahren des armen Deutschlands jedes Werk meines seeligen hochverdienten Gatten ohne Widerstreben und mit größter libéralität verlegte. Ich habe viel mit ihm zu kämpfen, denn er ist doch sehr durch die Abtretung an Reimer gekränkt. Ich muß sehr viel leiden, und muß oft meinen Engel seelig preisen, daß er alle diesen Kämpfen entflohen ist.

Auch Max Joseph habe ich keine Bereitwilligkeit den Verlag späterer Sammlungen mit Jemand zu theilen, erfahren, und aus dem Grunde weil ich sehe daß die Vervielfachung unserer Geschäftsführer nur eine Quelle der Sorgen und des Leidens für uns wird, halte ich jedes Versprechen darüber zurück, bis sich es näher entwickelt auf welche |3 Weise die Ruhe unserer Zukunft am wenigsten gefährdet ist. Max Joseph begnügt sich auch bescheiden mit der ihm von meinem Seeligen zugesicherten Biographie, und noch immer muß ich sagen daß er am meisten das Glück und den Frieden unserer Familie zu schonen sucht, indem er allen Entschädigungsansprüchen entsagt, so bald wir sie tragen sollten. Möchte mein Glaube an seinen Edelmuth niemals getäuscht werden, es ist so schön den Menschen edle Absichten zutrauen zu dürfen, und mein Glück besteht in dem allgemeinen Wohlwollen.

Etwas sehr Wichtiges liegt mir noch zu berichtigen ob, in dem Fragment über den Vernunftglauben welches ich Ihnen für den Almanach schickte, bedarf eine Stelle notwendig einiger Änderungen. Haben Sie die Güte, ich beschwöre sie, beikommende Stelle desselben genau nach diesem Blatte abdrucken zu lassen wonach Einige, außer dem Zusammenhange, zu hart einstoßende Stellen gemildert werden. Gewis ist der Druck desselben noch nicht unternommen, daher kann die Abänderung recht gut statt finden.

Sehr begierig bin ich auf das was Sie über meine Sendung beschlossen haben werden, und erwarte sehnlichst Ihre Antwort. Mit wahrhaftester Liebe und Achtung

Ihre

ergebene Caroline
Richter Wittwe Jean Pauls

Baireuth
5ter April
1826
Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Eduard Vieweg. Bayreuth, 5. April 1826, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1157


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Textgrundlage

H: Vieweg-Briefarchiv Braunschweig, V1R:74
1 Dbl. 8°, 3 S.


Korrespondenz

S. 4 Präsentat: 1826 Aprl 5. | Frau Leg. Räthin Richter | Bayreuth. | resp.