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Besten würdigsten Eltern.

Nur diesen Namen kann ich Ihnen in diesem Augenblick geben, ich finde keinen der zu meinen Gefühlen mehr paßt.

Mein u meines guten Bruders Auge sagt's noch deutlich, daß uns vor einer Stunde unser Bruder Adelbert verließ, unsere Herzen sagen es uns eben so laut.

Wir lieben ihn, er uns nicht minder als ewig und unsere Trennung war u ist schmerzhaft und dieser Schmerz thut wohl.

Auch ich reise in einigen Stunden ab. Dieß nöthigt mich in meiner jetzigen Stimmung so zu schreiben wie Sie's finden werden, verwirrt.

Auf 20 Briefe bin ich Ihnen Antw. schuldig, die Sie auch bald bekommen werden; aber heute nicht.

Mein Schweigen würd' ich mir selbst nicht verzeihen, wenn mir während demselben nur eine einzige ruhige Stunde in |2 der ich für Sie gestimmt gewesen wäre, gehört hätte.

Auf alle Fälle hielt mich auch mein stets roth gefärbtes Gesicht ab, Ihnen auf Ihre Briefe etwas zu antworten.

Ihre Briefe thun mir auch nicht wohl und nur dadurch ertrag' ich manches darinn, daß ich hoffe es in der Zukunft zu verdienen.

Doch ich will von meinem lieben Adelbert u nicht von mir sprechen.

Er ist heute mit dem Postwagen nach Colmberg abgegangen.

Er wird vom braven Praesidenten geschaetzt und geliebt.

Er hat gegenwärtig zwar nicht mehr als 250 f Besoldung; aber er wird sich bald besser stehn.

Er wird, wenn er fortfährt, so gut, bieder u fleißig zu seyn gewis |3 – wenn uns der liebe Gott Leben u Gesundheit läßt, schon in den 3 Jahren etwas erübrigen, und nach ihnen gewis größere Fortschritte machen.

Nur einige Monathe hätt' ich ihn noch bei mir behalten moegen: aber es ging nicht: er u der Praesident eilten um alles für das nächste Frühjahr vor zu bereiten.

ich habe ihn 2 rechten rechtschaffenen Männern empfohlen, die ihm mit Rath und That unterstützen koennen u werden.

Bald vielleicht schon in 4 Wochen werd' ich ihn wieder sehen und dieß Wiedersehen recht oft wiederholen.

Moechte mein Wunsch wahr d. i. erfüllt werden, daß ich mit Ihnen den guten Adelbert in einigen Jahren besuchen |4 koente.

Jede ruhige Minute, die mir mein unruhiges Leben laeßt – erinnert mich an jenen heiligen Abend, den ich mit Ihnen verlebte: an die guten Folgen die er mich schon von ihnen grüßen läßt; bringt Sehnsucht nach Ihnen und Danck Ihnen u dem allwissenden Schöpfer all dieser seeligen Empfindungen hervor.

Mein guter Bruder verdient Ihren Gruß, er danckt herzlich dafür und empfiehlt sich Ihnen und all den lieben Ihrigen mit mir besonders unseren Wilhelm u Emil dem Jäger. (Das sind wir ja alle.)

Unsern geliebten Jean Paul grüß' ich m/m mal. Bald d. h. so bald mir moeglich bin ich wieder bei Ihnen.

Der Allgütige erhalte Sie froh, für

IhrenEmanuel

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline und Johann Gottfried Herder. Bayreuth, 28. Oktober 1799, Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1197


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 4 S.


Korrespondenz

B: Von Caroline und Johann Gottfried Herder an Emanuel. Weimar, 14. Oktober 1799 (HB 8, Nr. 80)
A: Von Caroline und Johann Gottfried Herder an Emanuel. Weimar, 15. November 1799 (HB 8, Nr. 85)

Zur Datierung: Nach HB 8, S. 597 und 598, Überlieferung zu Nr. 80 und 85.