Von Emanuel an Caroline Herder. Bayreuth, 20. Dezember 1799, Freitag

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|1 Würdigste Frau Praesidentin.
Bayreuth, den 20 Dec.
1799.

Es ist mir nicht gegeben zu jeder Zeit an jeden der Meinigen – ich darf mich schon bei Ihnen dieses Ausdrucks bedienen – zu schreiben.

Für Sie suchte ich vergebens eine ruhige Stunde seit dem ich Ihre Worte der reinen Wonne habe.

Noch suche ich diese Stunde mit einer Sehnsucht, die mir eben so wohl durch die gewiße, zuversichtliche Entgegenschau ihrer Befriedigung als nicht wohl durch ihre Gegenwart thut.

Aber bis diese Befriedung mir ertheilt wird, will ich einst |2 weilen meinem gepreßten Herzen durch einige Zeilen – die in einer nicht ganz heitern Stimmung ihr Daseyn erhalten – Ihnen meinen herzlichen Danck für den Ihrigen darbringen.

Sie koennen den meinigen nicht verschmähen weil Sie den Ihrigen dadurch vernichteten und mir nur Recht geben müßten und nicht sich.

Es ist recht weislich die Einrichtung des Allgütigen daß er das Herz des Danckbaren so laut dancken laeßt daß d as er Mund schweigen muß und diese Einrichtung wird dadurch noch göttlicher daß es Herzen giebt |3 die diese Sprache so gelaufig sprechen u verstehn u verstanden werden.

Unser Adelbert sagte mir am 30t Nov. daß er froh u fleißig ist sey und daß er ersteres um so mehr ist weil er Briefe von Ihnen hat und weil er letzteres seyn kann.

Der brave Praesident schrieb mir in der vorigen Wochen "Herder ist unbaendig fleißig"

Sagt er das in der dürren Jahres Zeit, was wird er erst in der grünen sagen?

Der Praesid. geht am 23t dieß nach Colmberg um verschiedenes zu arrangiren

Wenn er gesund bleibt unser Adelb. |4 und nur ein Jahr sich mit der bairischen todten und rohen lebendigen Erde herum getrieben hat, dann müssen unsere Aussichten so schoen für ihn, als die seinige v. seinem romantischen Colmb. seyn.

Nichts belebt meinen Frohsinn mehr als das Dencken über den Nutzen den Adelb. auf diesem Winckel der Erde sich und so vielen schaffen kann und wird.

Heute u ewig schließ ich mit unendlicher Liebe unsern würdigen Praesidenten, meinen – wenn ich darf? – Vater Herder und alles was Ihnen u dadurch mein ist an meine Brust.

Nichts moege, nichts kann meine Hochachtung gegen für für Sie in Ihrem Wuchs aufhalten!

Emanuel

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline Herder. Bayreuth, 20. Dezember 1799, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1199


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