Von Jeanne Marie Thieriot an Paul Emile Thieriot. Leipzig, 14. April 1800, Montag

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Leipzig d. 2ten Feyertag 1800

Du bist doch ein guter, lieber, artiger Paul, daß Du so fleißig an die Familie schreibst. – ganz im Vertraun muß ich Dir gestehn daß ich eben nicht die größte Hoffnung bey mir selbst hatte so oft Nachricht von den Bruder Paul zu erhalten, wenn er einmal in die weite Welt gehn würde, daher macht es mir doppelt Freude von den Gegentheil überzeugt zu werden. Bleibe nun auch immer bey diesen guten Gedanken, zumal wenn Du etwa gar nicht wieder kämst. Wozu ich Dir die Schwester ihre Einwilligung nicht gern geben würde, wird . und

Zur Belohnung Deines fleißigen Schreibens erhälst Du auch heute von der guten Mama und mir ein Briefchen und damit Dir das Meinige recht gefallen möge so habe ich es auf Deiner beliebten Art das Format gemacht. – Doch fällt mir ein daß Du dadurch wenig |2 oder kein weißes Papier gewinnst, wodurch doch mein Brief einigen Werth bekommen hätte, denn übrigens mache ich Dir viel unützes Gewäsche, aber ich lerne nun einmal nicht so kurz zu schreiben wie Du, aber dafür bin ich auch ein Mädchen und da schickte es sich sogar nicht, so kurz zu schreiben, es ließe geziert; schon für einen Mann gefällt es mir nicht wenn es zu arg ist, – man hat ja gar nichts zu lesen, kaum fängt mann eine Zeile an, so ist auch schon der ganze Satz aus. –

Ich freue mich daß Du so gut angesehn bist bey den großen Leuten dort, und es scheint, bey Herdern bist Du wie zu Hause. Wie geht es Dir bey Tische? ist das Fleisch immer weich? und setzen sie Dir auch die Butter hübsch nahe und auf der andern Seite ein Buch? oder hast Du diese |3 Moden als abgetragen, verworfen? –

Daß ich Dir diesmal schreibe, hast Du den Feyertagen mit zu danken, wenn es anders welchen verdient; denn nach denselben geht die Arbeit wieder von neuen an, nur von andrer Art, denn vor denselben war Scheuern u Wäsche, wobey es mir ganz lieb war daß Deine Stube unbewohnt war, denn da konnte der Besen ungestört sein Amt verichten, und der arme Paul hatte nicht das Schicksal Firmian's , . n N un ziehn wir aber bald in den Garten, und da giebt es erfreulichre Arbeit. –

Doch lebe wohl, lieber Paul, ich muß schließen, der Papa will siegeln. Schreibe ja bald und ausführlich, Deiner lieben Familie.

Jeannette Thieriot

Zitierhinweis

Von Jeanne Marie Thieriot an Paul Emile Thieriot. Leipzig, 14. April 1800, Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1207


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin V, 243
1 Dbl. 8°, 3 S.


Korrespondenz

Zur Datierung: Gemeint ist der zweite Osterfeiertag, den Thieriot in Weimar verbrachte.