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Bayreuth, 27t Febr. 1803

Mein Thieriot. Gelobet sei Gott in Ewigkeit, dafür daß er Dich in der Zeitlichkeit, welche diese mir, ohne Dich eine jene seyn würde, mir gelassen hat!

Die Frau Mutter Friederich hat schon Recht gehabt: was thust Du, mein heiliger Christ, in der Krippe?

Hast Du diese nicht lange ausgewachsen?

Sei mir willkommen, mein Geheilter!

Der Februar hat mir schon sehr viel genommen: mein glückliches Ich, meinen Schäffer und noch mehr.

In ihm geh' ich beständig in Angst und Furcht und ich bin so froh, daß er unter seinen Brüdern der Kürzeste ist.

Übermorgen feyer' ich, mit Ottos, bei mir dessen Überstehen, ohne daß Ottos diese Feyer verstehen, in Deinen renovirten Zimmern, bei einem starken Thee und unserm heißen Denken an Dich.

Das Gute, den Einzigen, den mir dieser Monath gegeben drohete er mir auch schon |2 wieder zu nehmen, dieser, der in Paris längst seine Rolle ausgespielt!

Könnt' ich Dir doch meinen guten Bischof oder sonst etwas zu Deiner Stärkung mittheilen!

Unter meinen Fragen, die ich Dich nicht gefragt habe, war auch: 1) warum ziehest Du nicht die Stadt aus und in gute, freie Luft? 2) Hast Du die Hastver geb. Klenke nicht gefunden?

Diese u ihre kürzlich gestorbene Mutter kenne ich längst durch Richter.

Von beiden hab' ich Briefe gelesen.

Was die Hastver über sich u R. sagt ist wahr, Du weißt ja wie R. fürs Neue im Schwachen, vor einigen Jahren noch war; aber aus ihren Briefen und auch aus der Eunomia hab' ich nicht mehr v. ihr erwartet, als sie Dir gegeben.

Wirst Du auch die Genlis, bei der sie ist, sehen?

Heute ists 8 Tage, daß ich Dir in der größten Ungeduld einen Brief. schickte.

Nimm Dir Zeit zu Deiner Ewigkeit, Thieriot, wenn auch diese nichts mit jener zu schicken haben will; und man diese nicht von jener braucht. Du sprichst so wahr und so schön über unser Wiedersehen und ich will ihm doch lieber nach – als entgegen sehen.

Du hättest Deiner Tochter nicht weniger üb. mich, Deinen Deinewigen sagen können, das so genug gewesen wäre.

Himmlisch hast Du mich mit Deinem Billetwechsel |3 ergötzt. Hab innigsten Dank dafür, Treuer!

Gib mehr so viel, mehr nicht!

Jedes Wort, das Du gegeben und bekommen, hat mich erquickt.

Dieses mal will ich Dir Dein "Verzeih" noch verzeihen.

Wenn Du – was ich glaube – Dir noch nützlich seyn kannst in Paris: so laß mich ein kleines Verdienst um den künftigen Deinigen haben.

Ich will Dir einen Wechsel schicken, daß Du wenigstens noch 6 Monathe in Paris so gut leben kannst, als hättest Du die Stelle im Orchester, die Du verlohren suchtest, gefunden.

Die Empfehlungen, die Dir durch das Entgehen der Stelle entgehen, bringst Du Dir durch Annahme meines Vorschlags, bei meiner Liebe wieder ein.

Du sollst mir ihn, so bald wie Du willst, wieder bezahlen.

Thu's, mein Thieriot, Du machst mich froh.

Willst Du nicht, und Du willst Paris noch vor der Fftr. Messe verlassen: so schreibe bald.

Ich will Dich in Fft. abholen od. – wenn ich Fremde selbst oder Hinderniße haben sollte, durch einen Bayreuther v. Fft. hierher holen lassen.

Du kannst uns – wenn Du durchaus gleich od. bald wieder nach Lpzg abgehen wolltest, wohin Du wieder mit hiesigen Kaufleuten gehen könntest, oder vielleicht auch mit mir, dann im Sommer ganz |4 Dich geben.

Ich möchte Reisen, mit Dir, wohin Du willst.

Von der Kalb weiß man, daß sie vor einigen Monathen gesund war, sonst jetzt nichts.

Daß Du mir am Neujahrsabend, bei einem neu aufgeräumten Tische so aufgeräumt geschrieben, das weiß meine Seele zu schätzen.

Könnt' ich bei Dir seyn, ich wollte Dir Ordnung halten und packen.

Die Juden sagen: "Nur im Wahnsinne kann der Mensch böse seyn" Du sagst es mit andern Worten auch und Ihr habt recht.

Ich freue mich mit Deinem RockTuch-Muster.

Mir sind die Tücher zu theuer; weil Du es bei einem Ausschneider kaufst; aber wenn Du es packen kannst, kaufe mir eine moderne Thee und Milchkanne, beides auf 3 Personen viell. v. schwarzem Porzelan oder sonst einfach u eine einzige moderne Tasse und bring mir's mit, damit wir doch einmal die Sorge, was mit meinem Gelde anzufangen, versorgt haben.

Natürlich mußt Du alles in ein Kistgen noch eher als in Deine Koffer ordentlich packen lassen, auf meine Gefahr.

Antworte bald, Thieriot, damit ich weiß was ich zu thun habe. Erfülle meinen Wunsch und bleib mir ja recht gesund, mein Thieriot!

Emanuel

Zitierhinweis

Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 27. Februar 1803, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1266


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