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M. g. Car. ! Schon Sonntag hätt' ich u m. Isr. Ihnen gerne geantw., wenn uns beiden nicht Modekrankheiten: Schnupfen, Katharr, Husten u dergleichen v. Schreibtisch geschieden hätten.

Heute geht es uns besser, bis Sie das lesen – gut u so will u kann ich es Ihnen versprechen.

Wohl würd' ich Ihnen nichts v. diesem Nichtwohlseyn geschrieben haben, da ich nicht einmal gerne dav. spreche; ab. ich fürchte, daß man dem Brief es ansieht, daß m. Kopf noch nicht ganz heiter ist u dadurch könnte es leicht auf einen unschuldigen Theil geschoben werden, verschwieg' ich die Ursache.

Und mir ist wohl, weil meine Seele seit einiger Zeit schön u gut gestimmt ist.

Selbst diese körperlichen Übel passen zu ihrer Stimmung u stören sie nicht im mindesten.

Nichts thut mir so wohl, als meine Kraft, nicht ganz delikate Behandelungen meiner sogenannnten Freunde – die ich gewöhnlich zu sehr fühle – ruhig ertragen zu haben.

Hab' ich diesen Sieg bisweilen üb. mich dav. getragen – dann fehl' ich gewiß nicht leicht in sehr kurzer Zeit. Ab. es bedarf der Siege u der Kraft oft leider! zu viel.

Wahrscheinlich wissen Sie's schon lange, daß meine Mutter meinen Bruder hinter mir nach Hause verschrieben hatte. Ich ließ mich schon vor mehreren Monaten f. ihn malen; wurde ab. nur wenig getroffen. Um ihm wenigstens eine kleine Freude zu machen, schickt ich ihm endlich das Gemälde doch u dieses traf ihn nicht mehr u welcher Zufall, durch Ihre Hände kam es wieder in die meinigen und in die seinigen. Also eine schlechte Kopie war in dems. Monat Ao 5 mit Ihnen in Leipzig, in demselben Monat war Ao 1 das arme Original das . mit Ihnen . Es überraschte mich die Nachricht in Ihrem lieben Jüngsten aus Dresden , die Sie mir v. meines Bruders Ankunft gaben, da ich es heute noch nicht begreifen kann, wie S. sie so lange vor mir u so bestimmt hatten.

Richter wird gewiß keinen Gebrauch v. Ihren Schilderungen machen . Ich glaube noch immer, Car. daß Sie sich einen viel, viel zu guten Menschen damals auf der Leipzger Meße herausgefunden haben. Mein Fund ist gewiß besser . Ihr Hamburger Brf. ist hier viel eher, als ihr Leipziger angekommen. Gerade am 14 Oct. an dem S. v. Dresden abgehen wollten, ist m. guter Bruder hier angekommen. Wir leben wieder sehr schön zusammen u wir werden es Gottwohl so lange uns nicht Menschen od. Verhältniße trennen.

Ich rechne auf Hamburger Schilderung b. u v. Ihnen. M. guter Bruder ist keiner der besten Maler, obgleich ihm die Farbe aller Farben, die weiße, d. i. die Wahrht nicht fehlt.

Schrieb' ich Ihnen jetzt meinen vorjährigen Regensburger Brief Car. ich müßte u würde – weil mir die weiße Farbe b. Ihnen nie fehlen darf – Manches in ihm nicht mehr schreiben: meine Freiheit ist mir nämlich ganz wieder geworden, od. viel mehr wieder gegeben worden und nun soll sie mir bleiben . Mein Lebensziel ist Einfachheit, Ruhe mit Thätigkt gepaart, mein Lebensziel ist – wenn ich es recht beim wahren Namen nennen soll: Wenig u zwar noch weniger als ich schon erzielt habe und doch werd' ich dies wenig nicht erreichen, so wenig als das Ende dieses Blattes, weil dieses mein Kopf – so wie jenes mein Loos nicht zu geben will, wie es mir scheint. Allein ich frage nach beiden nichts, brauch' es auch nicht, da der Mensch kann was er will, u schreibe zu. Bleiben S. so lange in Hamburg bis der B.rath u seine Frau wieder aus Italien zurück kommen: so wünscht' ich Ihnen u ihnen daß Ihr Euch fändet.

Ich mag keine neue Bekanntschften mehr; ab. ich vereinige gerne gute Menschen u noch lieber – wie es hier der Fall ist – wenn diese auch Künstler sind. Mein Uhlf. grüßt S. herzlich Car., dieser edle Mensch ist auch mein Haus Seelen u LeibArzt. Seyen S. immer gesund u froh, gute Car. u glauben S. daß ich dieß dadurch auch bin.

E.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, nach dem 14. Oktober 1805. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1271


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Textgrundlage

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Bl. 4°, 1. S. Die Briefabschrift befindet sich auf der Rückseite von B.


Korrespondenz

B: Von Caroline Goldschmidt an Emanuel. Leipzig, 2. Oktober 1805, Mittwoch (?)

Die Briefabschrift befindet sich auf der Rückseite von B. Zur Datierung: Der Brief wurde vermutlich später geschrieben, als die (Fehl-)Datierung Emanuels vom 6. Oktober 1805 angibt, da Emanuels mitschreibender Bruder Israel Samelson, wie der Brief selbst vermerkt, erst am 14. Oktober 1805 in Bayreuth eintraf. Die zu Beginn erwähnte Erkrankung (Katharr und Schnupfen) thematisiert Emanuel mit ähnlichem Wortlaut auch im Brief an Thieriot vom 9. und 10. November 1805 als in der Vorwoche durchgestanden.