Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 22. August 1806, Freitag

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B. 22 Aug. 6.

Gute Caroline! Ich halte Sie für so gut, daß es Ihnen so gar nichts schadet, wenn man sie so nennet, ohngeachtet Sie mir in Ihrem lieben Brief oder weil Sie mir gerechte Vorwürfe machen.

Vor einer halben Stunde hab' ich Ihren lieben Brief bekommen, der einem v. mir an Sie wieder hätte begegnen müssen, wär' ich ihn Ihnen nicht schon zu lange ehrlich u redlich schuldig .

Haben Sie Dank, immer großmüthige Gläubigerin, für den langen Kredit, für das Mahnen u also für den neuen Kredit.

Ich habe so viel Zutrauen zu Ihrem zu mir, daß ich mich durch aus nicht entschuldigen kann auch nicht mag.

Heute ist Amöne Ottos GeburtsTag ; wir wollen ihn auf der Eremitage feyern: sie, ihr Mann, ihre Schwester , Caroline Richter u ich.

Die ganze Gesellschft ist schon an Ort und Stelle, bis auf ein Glied, das hier |2 sitzt u Schulden bezahlt.

Sie haben gelitten, theilnehmende Caroline, mit Freunden u Verwandten, das ist das Zeichen Ihres Werthes u dafür werden Sie oft den schönsten Lohn durch Theilnahme an den Freuden der Ihrigen geniesen.

Caroline, ich betheure es Ihnen, daß ich oft, wenn ich oft sagen darf – daß ich oft so gut bin, daß ich mich freue, über das Wechseln von Mitleiden u Mitfreuden, das in mir vorgeht u daß ich jenes – wenn schon nicht wünsche – doch ruhig und muthig ertrage, weil es mir dieses erhöhet u mich, mein unbedeutendes Wesen vergeßen macht.

Wir sind jetzt, in großen Sorgen in unserem Bayreuth.

Uns. Regiment hat Ordre zum Ausmarsch .

Nun fürchten wir Frieden u Krieg.

Im ersten Fall fürchten wir eine freundliche u im andern eine feindliche französische Besitznahme

Unser König will uns. König bleiben , |3 läßt es uns wiederholt versprechen; aber der größte Theil der Einwohner fürchtet doch Ansbachs Schicksal zu haben.

Ich – bin ruhig für mich; aber ich leide mit den Unruhigen.

Nichts – nichts zerstreut auch mich mehr u schöner als Thätigkeit.

Diesen Sommer verleb' ich theils hier theils auf dem Lande in Arbeit u bin dabei meistens wohl.

Grüssen Sie mir Pik u sagen S. ihm, daß ich sein Gutes dennoch immer schätzen werde, er benehme sich, bei meinem, nun, durch die seine Ihnen gegebene Erklärung, nothwendigen Schweigen, wie er wolle.

Es ist ein guter Mensch, der mich aber nie, in Beziehung auf sich, recht verstand.

Lesen Sie doch mein Ihnen geschriebenes Urtheil über ihn noch einmal , daß Sie wissen, daß das Ihrige eine treue Abschrift desselben ist.

Richters Bild hoff' ich zu bekommen für Sie.

|4 Werden Sie die Zeichnung des Kaminschreins nicht mit in Ihre Musterzeichnungen bringen?

Für Ihr Andenken an die Meinigen dank' ich in ihrem Namen herzlich.

M. Uhlf u m. Bruder grüssen Sie recht herzlich wieder.

Thieriot läßt Sie lange aus Offenbach u Jette lange aus Regensburg grüssen.

Diese arme Seele wird mit dem vernichteten Regensburg auch sehr beunruhiget; aber sie benimmt sich wie ein Weiser.

Richters werden sich freuen, die Kalb wieder zu sehen , ich mich auch – wenn sie von mir gesehen seyn mag.

ADieu Car., der Himmel laß' es den Ihrigen u Ihnen stets wohl ergehen.

E.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 22. August 1806, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1276


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Textgrundlage

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl. 8°, 4 S.