Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 2. bis 6. September 1808, Freitag bis Dienstag

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B. 2 Sept. 8

Gute Car.! Ich habe Ihre Worte v. 19ten u die wenigen v. 24 Julii lange durch die Post richtig erhalten.

Wenn Sie nicht mehr Neigung zu Bayreuth hätten, als Ihre Wiener Freundinen so hätten wir Sie wohl auch umsonst hier aus dem Franzbrunnen erwarten können.

Die Schuhmacher so wohl als die Eskeles sind so vergnügt in Franzbrunnen, daß sie das kl. Bayreuth aufzusuchen leicht vergessen, kaum an ihn denken werden.

Sehr wenig konnt' ich für Ihre Freundinin thun, Car., das mir leid thut.

Doch das Wenige nahm die Eskeles mit Dankbarkeit für Sie auf u mein Zweck wurde dadurch erreicht.

Bei uns wird nicht viel ganz Gutes gebaut , dieß Wenige nehmen unsre Gäste in Beschlag – wie uns selbst – u nach Eger kann man nichts bringen, als mit Expressen, weil gar keine unmittelbare Post dahingeht.

Nun find ich es eitel, lächerlich und selbst übertrieben, mit Wenigem viel Lärmen zu machen u viele Umstände.

Die Eskeles hat mir einige rechte schöne Zeilen geantwortet, die mehr Werth haben, als meine ihr geschickten Früchte.

Am 5ten

Vorgestern Abends um ½ 10 Uhr, als ich nach |2 Hause kam, gaben mir meine Hausleute Ihr offenes Brieflein mit dem niedlichen Börsgen. Sie sagten mir, ein Taglöhner hab' es gebracht u die Fräulein v. Schuhmacher, die es mir schickte, logire im Anker.

Ihre Worte haben mir Freude gebracht, auch Ihr liebes Andenken; ab. die Art wie ich beides bekam, v. Ihrer Freundin, die fiel mir auf. Ich ging nicht in Anker, ab. mein Israel. Der Kellner sagte, Fr. v. Sch. wäre schon zu Bette u ging am andern Morgen um 6 Uhr wieder v. hier ab.

Eben so sonderbar ging es Richtern mit ihr.

Der hies. Postmeister schickte vor einigen Tagen einen an Fr. v. Sch. gehörigen Brief an Richter u läßt ihm sagen, das Fr. v. Sch. würde nächstens seinet wegen auf ½ Tag hierherkommen u er habe den Auftrag, dieserwegen diesen Brief bei ihm abgeben zu lassen. Gestern um ½ 8 Uhr des Morgens läß Fr. v. Sch. seinen Brief v. R. abholen u weder R. noch ich sah etwas v. Fr. v. Sch.

Wie erklären Sie mir das Alles, Caroline?

Da machen es doch die andern Wienerinen besser: die kommen nicht nach Bayreuth. Haben Sie recht herzlichen Dank, Car., für die 2te Börse; die erste verlies mich noch nicht, sie liegt beständig vor mir u leistet mir treue häusliche Dienste u ist mir so lieb, daß ich Ihnen gleich ein Geschenk mit machen könnte, wenn ich möchte. Auch mich binden Pflichten u Geschäfte an Bayreuth, ich würde sonst manche Reise machen.

Da es aber so ist, so seyn soll u seyn muß: so füg' ich mich recht gerne ins Bleiben.

|3 Mein armer Vater hat sich vor 12 Tagen ein Aug operiren lassen. Noch haben wir Hofnung eines guten Erfolgs u werden wir so glücklich, daß er uns wieder sehen kann, dann bekomm' ich wieder etwas mehr Freiheit. Der alte Mann hat sich seit seinem Unglück so an mich gewöhnt, daß er es nicht gerne hat, wenn ich nur einige Tage, selbst in Geschäften od. auf dem Gute abwesend bin.

Giebt mir der liebe Gott mehr Freiheit u uns Frieden, dann werd' ich es bald möglich machen, Sie wieder zu sehen. Es thut mir leid, die Schuhmacher nicht gesprochen zu haben, Ihretwegen, denn ich unterhalte mich sehr gerne v. meinen Feunden. Hosers Beschreibung des Erzgebirgs will ich lesen, so bald ich kann.

Ach, ich habe so viel nicht gelesen!

Ich lächele jetzt wieder, indem ich sehe, daß da Sie bei Gelegenheit de s r Eskeles u Flies sagen, "Sie würden Ihnen gefallen" unschlüßig waren ob Sie Sie oder sie schreiben sollen.

Ich glaube, daß sie mir gefallen haben würden.

Eigentlich kann ich den Wienerinen nicht leicht gefallen, da ich zu wenig auf das Äußere u auf den Stand Rücksicht nehme, ohne jedoch Achtung, Zartheit und Anstand aus den Augen zu lassen u aus dem Sinn.

Otto wird im nächsten Monat zu uns kommen .

Der Krieg hat ihn um seine Stelle gebracht; allein sein guter Kopf füllt eine bessere aus, so bald er nur eine suchen will.

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Am 6ten

Eben kommt Ihr lieber Brief v. 31 v. M. , wofür Sie sogleich meinen vielfachen Dank haben sollen.

Mich freut es, daß auch Sie mit dem Wenigen, das ich Ihren Wienerinen schicken konnte , zu frieden sind.

Hätt' ich nur mehr für sie thun können!

An dem glücklichen Geschäft Ihrer Sander nehm' ich Antheil, ab. nicht an der Verloosung ihrer Bibliotheck. Es wäre mir ein Last wollte mir einer eine schenken. Nur Einen Freund hab' ich hier, der gleich 1 Frd'or hergeben würde; da ich das aber weiß u auch weiß, daß er ohne dieß sehr viel thut – so sag' ich nichts davon zu ihm. In unsrer Stadt ist jetzt viel Armuth u Noth, Car. u da muß man auf die sehen, die es wissen u fühlen u gerne helfen.

Car., so bald es möglich seh' ich Sie, wollen wir – haben wir 7 Jahre gewartet – noch einige Geduld haben u dann sag' ich es Ihnen mündlich wie, wie ich sie liebe, achte u verehre.

E.

M. U. grüßt Sie!

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 2. bis 6. September 1808, Freitag bis Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1291


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Textgrundlage

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl. 8°, 4 S.


Korrespondenz

A: Von Caroline Goldschmidt an Emanuel. Wien (?), 14. oder 28. September (?) 1808, Mittwoch