Von Emanuel Osmund an Georg Christian Otto. Karlsruhe, 9. Juni 1816, Sonntag

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Carlsruh, Sonntag, 9t
Juni 1816.

Mein Otto! Aus der vor 8 Tagen eingeweihten lutherischen neuen Kirche, zu der ich meinen ersten Gang in die Stadt, vor der ich seit Freitag glücklich wohne, machte, komm' ich an Dein edles Herz!

Dank, Dir, mein Otto, für Deine gute, treue Hand, die mich hier erwartet hat und mir an keinem Orte in der Welt mehr wohl gethan haben würde.Da wo es uns gut geht sind wir rein empfänglich für das Gute.Wohl war ich im unvergleichlichen Heidelberg und sprach daselbst Schwarz und Fr. v. Ende, mit denen ich eine vergnügte Landpartie nach dem Wolfsbrunnen machte.

In Heidelbergs Schloßruine möcht' ich mit Ihnen einen Tag verleben, mein Otto.

|2 Für jedes Wort, das Sie mir als mein ewiger Beistand und Rathgeber geschickt, dank' ich Ihnen und ich werde kindlich alles befolgen, in so fern es möglich ist. So gar an das Aufsuchen des wackern Herrn v. Eherner in München, im Nothfall, hab' ich Ihnen begegnet.

Heute erwart' ich Herrn v. Auffsees hier, auf seiner Rückreise.

Der Landrichter, dem ich sagte, daß Herr v. Auffsees nicht zu Hause sei, versprach mir gleich den Termin zu verschieben.

Überhaupt, mein Otto, stört mich dieser Prozeß nicht - so wehe er mir moralisch von einigen Seiten thut. Es muß eben noch gekämpft werden und Gott kämpft ja mit mir, für mich: Du weißt's ja!

Ich bedarf, mein Otto, keinen Bankier und bezahle dennoch die Grafen bald.

Und nun kein Wort heute mehr von dieser Angelegenheit heute, bei Ihnen.

|3 In Frankfurth besucht' ich 3 Kirchen, 2 Erziehungsinstitute und sonst, als Willmans Buchhandlung p keinen Menschen.

Wangenheim war 8 Tage vor meiner Ankunft aus meinem Wirthshause schon wieder abgegangen gewesen.

Des braven Rothschilds kleine Lebensbeschreibung bekam ich von dem Vorsteher der ErziehungsAnstalt Herrn Sachs, der mich bis Darmstadt begleitete, und mir noch einige Büchelgen geschickt.

Als man dem jungen Rothschild in London - der alte hat 11 Kinder hier verlassen - anzeigte, daß er über sein Guthaben aus der väterlichen Verlassenschaft - 150 000 f - disponiren möchte, disponirte er zum Vortheil seiner armen Schwester in Frankfurth darüber; bat sich jedoch das Gebetbuch, den Gebetmantel und den Schlafrock seines Vaters aus.

|4 Otto! Ich bin sehr glücklich hier; was mir dieses Glück erhöhet, ist das Bewußtsein des Verdienstes dessen.

Jette weinte vor Freude, als ich ihr Deinen Gruß gab.

Unsre Augen werden selten trocken.So eben kamen Bayreuther Briefe.

Ein Buch möcht' ich Ihnen schreiben, einen Brief nicht.

Die lieben Kinder umklammern mich und ihr kindliches Du macht mich selig.

Vieles hab' ich gesehen, Vieles zu erzählen.

Recht, herzlichen Gruß an Amoene und Dank für den ihrigen. ADieu, mein rein geliebter Otto. Leb wohl!

Dein alter Emanuel

Zitierhinweis

Von Emanuel Osmund an Georg Christian Otto. Karlsruhe, 9. Juni 1816, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1330


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Textgrundlage

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl. 8°, 4 S.