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Bayreuth, 15ten März 1821.

Mein Otto! Am Himmelfahrttag unserer Voigt Unverweilt will ich Ihnen für Ihren lieben, für Ihre beschränkte Zeit, (nicht für meine Zeitlose, für meine Seele) nur zu großen Brief recht innigst danken und darauf so lange antworten, als ich daran nicht gestört werde.

Wahrlich, mein Otto, ich sehe auf keine unmittelbare Antwort von Ihnen auf, ich schreibe weil mir's Bedürfen ist, auch schreibend bei Ihnen mich zu erholen, nicht nur denkend; desto größer ist jedoch und überraschender meine Freude, wenn ein Brief kommt.

Wüßt ich Sie jetzt schon, wie ich Sie bald mit Gott zu wissen werde hoffe , mehr zufrieden, und mit Ihrer betrübte mich nicht Ihre Unzufriedenheit [...]und Lage und mit unserm Richter: so wäre meine Freude über Ihren Brief unbeschränkt.

Überzeugt, daß ich doch nicht so viel schreiben kann, als ich möchte (ich wurde schon unterbrochen): so will ich Ihre lieben Blätter recht kaufmännisch vor mich legen, sie noch einmal durchlesen und so nur auf das Allernöthigste keine Antwort schuldig bleiben.

Wir haben unserer Pflicht genüget, wenn wir bei Übernahme eines Amtes ehrlich, und redlich, und klar und oft und kräftig alle Zweifel, die in uns – gerecht oder scheinlich – entstehen, über unsre |2 Fähigkeiten, verkündet haben.

Hat man das: so muß man Leuten, "die die Katze nicht im Sack kaufen wollten" und ihren Gesichten zutrauen, daß sie doch wissen, wem sie das Amt geben wollen und ihr Vertrauen und besonders solchen Leuten und solchen Gesichten.

Übrigens, damit Sie sehen und wissen, daß wir zwei wieder Eins sind und es immer sind – zu meiner m r Erhaltung Heil und zu meinem Wohle – sag' ich Ihnen, daß ich, hätt' ich das Wie gewußt: ich hätte Ihnen zu diesem Wo nicht zu geredet .

Richter liebt Sie und Sie ihn sehr fort u fort und sein Billet war gut gemeint , sonst hätt' ich es Ihnen nicht zu langen dürfen.Aus einem, diesem Billet voraus gegangnen zweistündigen Zweigespräche schon allein mußte sich jeder Dritte von diesem Gutmeinen und von dieser Liebe vollständig überzeugte haben.

Ich sollte eigentlich, so wollte er, seine mündlichen Äußerungen aufs Papier für Sie bringen und da ich mich zu schwach dazu fühlte, entstand das Billet, über welches bei mehr Zeit mehr gesagt (am liebsten mündlich) gesagt werden soll.

Dadurch, daß Sie meine Namen d. h. Titel so wohlgefällig aufgenommen haben, geben Sie mir |3 Muth, Ihnen wirklich einen Titel vorzuschlagen: Osiris.

Durch die brave Schwester-Frau dieses Gottes lernt' ich ihn selber kennen, durch Okens Isis, und ich glaube, er drückt durchaus oder größten Theils aus, was er bei Ihrer Zeitschrift oder Ihrem Ihrem Zeit wart -blättchen ausdrücken soll.

Mir wäre dieser Hauptgott ganz lieb, u besonders weil ich wünschte, daß Ihre Schrift die Menschenfresser unserer Zeit, die Zehentberechtigten, die Frohnberechtigten, die Handlöhner p p abzuschaffen sich zuförderst angelegen sein ließ und weil dieser Gott sein Ziel ohne Waffen, blos durch Zureden erreichte und weil er nicht nur sein Land beglückte, sondern seine Wohlthaten auch ausserhalb verbreitete.

Daß Aegypten das eine Korn land kammer ist war wie Baiern , es ist auch keine zu verwerfende Ähnlichkeit.Kurz dieser Osiris scheint mir vor und für Ihr Werk so zu passen und so, daß ich nicht um Verzeihung bitte, ihn Ihnen vorgeschlagen zu haben, auch wenn Sie, wie's wahrscheinlich, einen viel bessern schon gefunden haben.

|4 Daß Sie mir erlauben, Ihnen bisweilen

Da wir "bairische" nicht mögen u Patriotisch Möser gebrauchte: so fragt sichs nun, ob der Osiris nicht eine Vaterlandische Zeitschrift werden dürfte oder p Blätter?

Ich kenne viele die Landplagen Aegyptens und werde Sie, wie ich es mündlich so oft gethan, auch schriftlich bisweilen damit behelligen, als meinen Arzt u Wundarzt.

Wiße nur, herrlicher O, daß ich stolz auf Deine Aufforderung bin.

Bald mehr!

Flora u Uhlf, diese zwei ehrlichen Häute, danken u grüssen.
Unsere Einigkeit bestehet in aller Ewigkeit.

Amen.

Eml

Zitierhinweis

Von Emanuel Osmund an Georg Christian Otto. Bayreuth, 15. März 1821, Donnerstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1375


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Textgrundlage

K: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl. 8°, 4 S.


Korrespondenz

B: Von Georg Christian Otto an Emanuel Osmund. München, 8. bis 11. März 1821