Von Jeanne Marie Thieriot mit einem Nachsatz von Christiana Friederica Heinroth an Paul Emile Thieriot. Leipzig, 10. und 11. Februar 1801, Dienstag und Mittwoch

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Leipzig d. 9ten Feb. 1801
Dienstags Abends.

Mein guter Paul,

Heute früh war hoffte ich sicher auf einen Brief von Dir, u war daher sehr geneigt ungehalten auf den armen Bruder zu seyn, als ich vergebens hoffte ich geduldete mich aber noch, den die Sch. Heinroth, war Fürsprecherin, u schob alles auf's Wetter u den sehr bößen Weg, dadurch der arme Reisende sehr ermüdet worden wär, u da mag ihn denn einmal langes Schlafen verziehn seyn, – den lieben Frühauf, – den dadurch hat er doch wohl die 3 Schritt weite Post versäumt?

Und desto mehr Freude machte uns heute Abend Dein Brief , den mir Jaques gleich herauf brachte, wo Jaques also war, weißt Du nun, wo er jetz ist? – bey Clodius , u nicht auf der Hamburger Straße wie Du auf der Berliner vor ein paar Tagen. Er, der Bruder Jaques nehmlich, mag immer noch bleiben bis unser Väterchen wiederkömt, daß sich die Kinderchen noch einmal miteinander sehn können. –

|2 Du bist mit der alten Tante herumkutschiert? Ich fahre jetzt auch recht gern, u werde mich auch einmal bey meinen angesehnsten Gönnern u Freundinen vorfahren laßen, das um mich zu produziren – unterdeßen werden wir aber bald wieder einmal in's Freye fahren, vielleicht noch diese Woche wenn es nicht zu kalt ist, der Papa hat's uns schon versprochen, überhaupt läßt er mir keine Noht leiden, er ist nur gar zu gut u will mich auch in die Comödie schicken, mit dem Sch. H: wohin ich wir aber nicht viel Lust zu gehn haben, wegen der großen Mittelmäßigkeit derselben; wenn es noch Deine große Oper, oder die Maria Stuart wäre, – schreib uns einmal wie Dir so etwas dort gefällt.

Mittwoch früh.

Hier / Es ist seit ein paar Tagen u vorzüglich heute, völliger Winter, in Berlin wirds nicht anders seyn, u das ist gut für Dich, denn wie ich mit erstaunen aus Deinem Brief gesehn, so ist das zu Fuße gehn [...] bey üblen Wetter fast unmöglich, ich denke manchmal wir habens hier schon recht schlimm. – Und im |3 Sommer habe ich gehört, soll auf den Spatziergängen ein unerträglicher Staub seyn.

Jean Paul ist also noch Bräutigam? — Hast Du seine Braut schon gesehn, u wie gefällt sie Dir? – ich möchte wohl das Mädchen kennen, das sich der Mann erwählt; wenn es zumal aus Neigung ist, wie sich von dem doch vermuhten läßt.

Was ist daß für eine große Familie Jordans. ich bin ganz unbekant damit gewesen, habe mich aber schon vom Papa etwas unterichten laßen, um doch zu wißen bei wem Dir's gut geschm geschmekt hat; oder vielleicht auch nicht gut. – wie geht es Dir denn mit de r n Mahlzeiten am fremden Tisch; wir verwöhnen Dich oft deswegen, haben Dich oft aber auch nicht bedauert, indem wir immer Rindfleisch haben das beinahe nicht eßbar ist. –Deine Jeanette Thieriot

Gern gieng ich von unsern Barfus-Pförtchen – – bis zum Hällischen – – – um Sie, Ihren Jean Paul und seine Braut zu sehn!

F. Heinrothe Jeannt

Zitierhinweis

Von Jeanne Marie Thieriot mit einem Nachsatz von Christiana Friederica Heinroth an Paul Emile Thieriot. Leipzig, 10. und 11. Februar 1801, Dienstag und Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1409


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin V, 243
1 Dbl. 8°, 3 S. Auf S. 4 Siegelrest.


Korrespondenz

B: Von Paul Emil Thieriot an seine Familie in Leipzig. Berlin, 7. und 8. Februar 1801, Sonnabend und Sonntag

Zur Datierung: Thieriot irrt sich im Datum; der Dienstag fiel auf den 10. Februar 1801.