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Bayreuth, 26 Apr. 1803.

Mein lieber Baiseur ! Meine Lippen haben Dich vorgestern nicht nur erwartet, auch waren schon Küße für Dich bestellt, damit Du sie Dir – wie das erste Mal – nicht erst selbst zu suchen und zu holen nöthig haben solltest.

Prächtig waren Deine zwei prächtigen Tag- und nicht viel schlechter Dein Nachtzimmer, ihren Bewohner erwartend, zusammengerichtet und gewaschen.

Sechs Blumentöpfe mit Blumen, ein geheitztes Schlafzimmer, eine Man t d eltorte, zwei Wachslichter mit Manschetten, ein Teller mit Mandeln u Rosinen u. n. v. m. u ich war das Wenigste, das Dich wollte kommen sehen u am Sonntag nur Deinen Brief sah.

Auf der Retraite, bei der Fantaisie – wo Du durch gemußt hättest – wollten Otto, Uhlfelder, mein Israel und Dein Emanuel Dich aus dem Wagen reißen, wenn ein anderer Brief gekommen wäre .

Wir warten also einige Wochen und dann – haben wir Dich erwartet, Thieriot!

Schaff nur Deine "verfluchte" Grippe und Husten weg und komm mit dem Buchhändler Grau von – bis Hof od. mit dem detto Lübek von – bis Bayreuth.

Diese Handelsherrn bleiben am längsten in Leipzig und mit ihnen kannst |2 Du am aller ersten und leichtesten kommen.

Du sollst ein ganz freies Leben bei mir haben, richte es nur so ein, daß Du lange hier bleiben kannst.

Deine Coppeter Unterhandlung mag hier ihr Amiens haben.

Soll ich denn gleich mit Dir nach Coppet, oder willst Du mein Quartiermeister seyn?

Nach Ffta/m (– so es zu schreiben, blieb mir, wie Lpzg, v. meiner Handlung überig) an Metzler hab' ich Dir schon am 16t geschrieben , dann hab' ich Dir noch einmal, auf Verlangen, an Willemer dahin u auch nach Bamberg geschrieben.

Die 2 Ffter Briefe bekommst Du durch Willemer directe, das hab' ich ihm aus Vorsorge aufgetragen, und meinen Bamberger Brief , den ich mir gestern schon zurück erbeten habe, sollst Du auch nicht verlieren.

Mich allein findest Du noch in meinem alten und nur ausgebesserten Logis.

Ottos und Uhlfelders sind gerade über den guten Wechsel und freuen sich daher auf – so gar auch über Dein verspätetes – baldiges Erscheinen, um Dich besser, nach Stand und Würde beider Seiten, aufnehmen zu können.

Nimm Dir viel mehr Dank, als Du selbst willst, aus dem Innersten meines Herzens, für all Deine Pariser Briefe, mein alter Deutscher!

|3 Schlichtegrolls schlichter Antrag hat Otton und mir gefallen.

Uhlfelder meinte, Du wärest der Mann gar nicht, aus dem ein Hofmeister zu machen wäre; aber ich sagte ihm – indem ich auf No: 101 des heurigen ReichsAnzeigers – das vor uns lag – zeigte, daß Du u die Fr. v. Stael nur das in demselben empfohlnen Buch zu lesen hätten und der Hofmeister wäre fix u fertig .

Geh in Gottes Namen nach Koppet: ich habe sehr viel Zutrauen zu dieser Stelle.

Doch nimm sie auf die Probe und gieb Dich ihr – auf ohne bestimmte Zeit – auch so.

Hättest Du Schlichtegrolls Brf. in Paris noch bekommen: so hättest Du mich um Dich bringen, ich meine gleich auf Coppet zu gehen können.

Ich bin so eben vom Gartenhause nach Hause gekommen, um Dir zu schreiben.

Wie freu' ich mich, Thieriot, Dich wieder bei mir und im Gartenhaus zu sehen!

Richters hab' ich schon vorgestern alles was ich v. Dir weiß geschrieben.

Dessen Briefe seit kurzem an mich, bezahlen Dir im Lesen, schon allein Deine hier her Reise: mich p hast Du rein Profit.

Es giebt keine größere Strafe für die PostNeugierde, als das Benutzen der "Ge |4 legenheiten"; um so mehr hat mir Dein "hochedler Herr" auf den mich der Briefträger gleich aufmerksam gemacht, gefallen.

Versäume unsern Mai nicht, Thieriot, wir wollen ihn uns zu einem zehenfachen Wonnemonat machen.

Ich glaube nicht, daß Du mir so viel zu sagen haben würdest, als ich Dir, der ich doch seit dem Du von mir und in der Welt herum gereiset bist, nicht aus meinem Nestlein gekommen bin.

Grüsse und küsse mir unsern alten Weisse, recht kindlich ab.

Reiche mir nun Deine hülfreiche Hand, mir mit einer Nachricht p nützlich zu seyn, mir noch die Freude – ihm, dem Würdigsten eine zu machen zu können.

Grüsse mir seine Dorothea und auch die Mutter Weisse.

Deinen Bruder , Deine Schwester Heinrot u Apel grüsse mir ja recht innigst.

Sag mir bald etwas von Dir und bestimme sogleich das Wann Deines Kommens bestimmt. Behalte mich recht lieb, Thieriot,

DeinenEmanuel

Zitierhinweis

Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 26. April 1803, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1471


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