Von Paul Emile Thieriot an Fürst Franz Joseph Maximilian von Lobkowitz. Wien, 6. April 1804, Freitag

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Sr Hochfürstlichen Durchlaucht dem regier. Fürsten von Lobkowitz

Ew. Durchlaucht

wünscht' ich einen Blutsfreund empfehlen zu können, der mir sonst vorwirft, ich hätte ihm Ihnen gegenüber überall bloß geschadet.

Gedachter Freund – es lobt ihn niemand lieber als ich - ist eine gute Art von Thier, nur daß ihm wie allen Thierarten, Menschenverstand und Sprache zuweilen mangelt, oft da wo beide Sachen vom grösten Nutzen wären. Ja wenn er zuweilen auf Eine davon zu stoßen scheint, so ist ihm darüber die andere entgangen: und hört man daher auch daß er Worte sagt, so fehlt diesen leider der nöthige Verstand.

Sein Hauptfehler bleibt aber daß er das Maul nicht aufthut. – So zog er aus Eisenberg ab , ohne Frank und Brizi zu hören – so wird er aus Wien gehn, ohne denen die er schätzt und erkennt, sich genähert und werth gezeigt zu haben – so war er unfähig, einmal auf die Frage Ew. Durchl. "Werden Sie Conzert geben?" kühn die Frage zu repliziren: Soll ich?

Uebrigens ist das Thier zahm (bis zum Wildwerden) und musikalisch und schreibt seinen Namen

Thieriot

Wien d. 6. Apr. 1804.

Nachschrift: Die letzte Erinnerung (an ein gleichgültiges Gesprächswort) die so erbärmlich klingt, ist dennoch die einzige Tendenz dieses Bittschreibens.

|2 "Soll ich" heißt: Würde der Fürst selbst, sogar ohne die zudringliche Frage, sich entschloßen haben, heute über 8 Tage in dem nicht ganz würdigen Hoftraiteur-Jan-Saal einen Geiger zu hören, der sich nur dann entschließen kann darin zu spielen?

Bald leer wiederzukommen und mir dann ein Nein zu bedenken (was ich jetzt nur ahnden kann) oder Ja und Freude mitzubringen - ist mein Befehl an inliegende Karte .

Zitierhinweis

Von Paul Emile Thieriot an Fürst Franz Joseph Maximilian von Lobkowitz. Wien, 6. April 1804, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1536


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Textgrundlage

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl., 1½ S. Auf S. 1 und 2 des Briefes von Thieriot an Emanuel vom 16. Mai 1804.

Überlieferung

h: BJK, Berlin V, 138
Briefkopierbuch der Briefe Thieriots an Emanuel, H. 1, S. [28]–[29].

D: Abend-Zeitung, Nr. 5, 6. Januar 1843, Sp. 36–37.