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Bayreuth, 30t Apr. 4.

Thieriot. Weder den Brief, den Du mir in Deinem jüngsten Schreiben, noch den des Richters, den er Dir in seinem jüngsten verheißen , will ich abwarten; sondern schreiben will ich Dir.

Richter schreibt mir schon seit mehr als vier Wochen nicht und, giebt sich doch für meinen Schreib-Liebhaber aus !

Aber die Jette hat mir unterdessen, in einem Brief , zweie beantwortet, geschwind und gut, jedoch nur gut genug.

Wenn Du doch so weit zu bringen wärest, daß die Angelegenheit Deiner Freunde, nicht wie die Deinigen, von Dir besorgt würden, sondern vielmehr gut, oder wenigstens besser!

Mit welchem Recht giebst Du der Silli Aufträge, die Dir aufgetragen werden?

Nach dem letzten Brief der guten Jette , hat die Silli, also – gerade das Gegentheil von dem ausgerichtet, was ich Dir geschrieben und aufgegeben hatte .

|2 Der Mutter Jette muß ich nun noch einige Worte über die kindisch ernstliche Sache sagen und dann schweig' ich – wenn sie schweigt.

Wenn Du kommst, solltest Du alles lesen; Auszüge kann ich unmöglich schicken.

Richters Nichtschreiben beunruhigt mich sehr.

Ich muß nun befürchten, daß er nicht hier herkommen mag.

Wenn Du hier bist, dann laufen wir nach Coburg.

So bald Du mir es bestimmt schreibst, mieth' ich Dir hier ein Zimmer, in dem Du alles haben sollst, was Du brauchst.

In meinem Hause, das ich im Juni oder Julii verlasse, kann ich Dich – wenn wir uns gegenseitig nicht geniren sollen, leider! nicht haben.

Ich will Dir, Dich bedienend, gerne und immer dienen; aber meine Bestie von weiblicher Bedienung , soll und darf Dich nicht mehr bedienen, sie ist es nicht werth.

|3 3ten Mai.

Und auch am 4ten haben wir nichts aus Coburg bekommen , wenn meine, dadurch vermehrte Unruhe nichts ist.

Ich nehme die Menschen ohnedieß immer beßer; weil ich mich neben und unter ihnen, immer genauer nehme.

Aber ich erleichtere mir die Annahme und Aufnahme der freundschaftlichen Seitenlinie nicht und verfalle dadurch – gewiß zu meinem oeftern Schaden – eher in zu großer Strenge, als Schonung.

Mir werden Schwestern, Brüder p p meiner Freunde, immer halb aufgedrungen, wenn sie nicht eher auch meine Freunde waren, als vom Freund zu geführt.

So hab' ich auch die Bemerkung auf meiner Seite, daß man äuserst selten mit zweien Geschwistern – (nicht seinen eigenen) eine gleich reine Freundschaft haben kann.

Du mußt mich also ganz verkennen, wenn Du glaubst, ich thät dem Mann meiner Jette, Braun Unrecht ; sondern Du mußt mich, mit dieser meiner Eigenheit – wenn Du willst – entschuldigen.

|4 Daß er dadurch, daß er der Mann Jettens ist, mir nicht näher gekommen ist, als er mir als Braun gekommen wäre, das ist wahr; aber ich traue ihm viel Gutes, viel Sinn für häusliches Glück und für das Schaffen desselben zu und dafür lieb' ich und schätz' ich ihn, so viel, als er es selbst gewiß nicht mehr verlangen kann und wird.

Nach Regensburg geh' ich nicht, sondern nur Uhlfelder; daher konntest Du es auch nicht wissen.

Daß Du zu mir kommen willst, hab' ich heute nach Regensburg geschrieben.

In der nächsten Woche werd' ich Deine Strümpfe herrichten lassen, damit Du wenigstens hier ein Paar gute findest, denn Deine Wäsche wird Menschenhülfe bedürfen.

Schreib ja bald; damit Du alles in der Ordnung trifst, Du kannst ja sonst keine Ordnung daraus machen, wie Du sie liebst.Bleib gesund, Alter. Laß Dir nichts mehr stehlen, auch Dein Herz nicht; sondern bring es bald dem meinigen!

Emanuel

Zitierhinweis

Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 30. April bis 4. Mai 1804, Montag bis Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1539


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin V, 138
1 Dbl. 8°, 4 S.

Überlieferung

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Bl. 8°, 2 S.


Korrespondenz

B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Wien, 14. April 1804

Einige Stellen des Briefes beziehen sich offenbar auf den vorangegangenen Brief Thieriots vom 14. April 1804, der nur – und wahrscheinlich unvollständig – als Kopie im Briefkopierbuch der Briefe Thieriots überliefert ist.