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Aschaffbg. 20. Dez. 5

Emanuel.Wenn ich Dir etwas bestimmt beßerndes über Dich zu sagen hätte: so wär ich strafbar und fragbar warum ichs nicht mache wie Du. Da aber ich einer , der selber noch nicht weiß was er in der Welt soll und nur abgebrochen darnach forscht, spielende Vermuthungen über Dein Mehr u Weiterhineinsollen Dir mitzutheilen ansteht – nach Deinem Satze: Mache nur nicht unglüklich, mehr wolle nicht, und noch sogar dem: Gewiße Wahrheiten darf man dem Freunde durchaus nicht sagen; – so darf ers, so wie von sich selbst Alles verschweigen was nur Dir nur Unruhe machen könnte – und so wie z. B. Du es dürftest, wenn es Dir schiene, der Andre paße nicht zu einem schon übernommenen Stand oder Geschäft. Das sind dieGesetze / Nichtgebote der Freundschaft.

Hätt ich Dir "Alles geschwind gesagt:" so wär ich ein glüklicherer Charakter (der ich kein unglüklicher zu seyn glaube) – das hast Du mir damit gesagt.

|2 Verschieb doch nichts mehr was Du mich fragen willst.

Geschwiegen hab ich der Eva – von der ich indirekte gute Nachricht habe daß sie wohl und in ihren Lehrstunden fleißiger ist als je – (wenn ich es mir gut auslegen will:) weil ich keine Lust hatte zu schreiben aus einem Recht der Freundschaft, das ich immer bei ihr imgröbsten / aufrichtigsten Grade ausüben durfte und gleichsam mußte – so daß ich sie auch immer zurükgestoßen habe wie [...]ich etwas zurükstoßendes gegen sie empfand und nur zulezt was mir wenig leid seyn wird wollte ich bloß sie zurükstoßen u. suchte ihr schlechter vorzukommen.

Sie ist über das ganze Verhältniß längst wieder klarer als ich.

Ich muß Dir sagen, Emanuel, daß ich immer noch hoffe – wenn ich sie im 11000ten Leben nicht heirathe – doch Ihrerwerth zu werden. / beßer zu bleiben.

Meinen Schauungen über das "ungezähmte Weib, das Schönste Klarste Frömmste in der Ruh, das Trübste im Trieb" widersprech ich nicht aber ich glaube ein Gott thut hier ein Wunder undgiebt / läßt ihr die ewige Ruh noch im Leben.

Ich denke ich werde ihr bald – noch von hier – schreiben und auch Göthe'n.

|3 Ich habe einen Abmuth vor Baudenbach und umgebenden Erinnerungen. Ich weiß daß ich Dich nicht sehen kann wenn nicht selig bin. Darum muß dies das Erste seyn. Sogar die dortige Geschäftlosigkeit meiner Geige muß ich aber noch hoffen lernen.

Glaube nur nicht daß ich hier mir unnütz bin – so auf dem Sprunge stehn muß mich eben beleben. Du hast Dir einen Schwachen erwählet Freund.

Aber ein sehr recht poetisches; ein philosophisches Lebenwerden / können wir führen. Das Erste wird wohl seyn daß wir Alle alle Kräfte dran setzen, Dir einen Geschäftskreis zu schaffen der Deiner werth ist. Wenn Du sagst: Du wärest wozu geboren gewesen; so machs ichs wie bei der Eva die zur Malerin will geboren gewesen wären: Crayon her!

Prüfe mich nur ob ich im Stande bin, einem klaren großen Zweke mit Dir oder Andern, zu dienen – denn bis dahin kann auch der Ernst selber sich nur in spielender Vermuthung offenbaren.

|4 "Meine Frau grüßt Dich schwesterlich und der Junge lachte Dich gern selber an" postskribirt mein Bruder, deßen Brief diesmal weniger für eine Nachlese enthält.

Daß ich Dir keine Copie beizulegen gehabt, ist dumm.

Dein Brief (v. 3.–14.) war mir lauter Lauterkeit und Klarheit. – Und ich will Dich "sittlich begaffen."

Israel Uhlfelder Voigt Ottos Richters und Jette (Zweier soll man danken) grüße und drüke mir zusammen ans Herz, und lest das beilagernde wohl – weiter kann ich Dir nichts sagen

Wohlleben mußt Du, Emanuel

Thieriot

Ja hier hast Du noch für Dich allein – damit von mir nichts länger verschoben sey – das bisher verschobene der Offenbacher Mittheilungen . Es störe nicht, das Gute [...] was ich Dir Gutes gebe. – Ich erschrak es noch zu finden denn es kann seyn daß Du ihr darauf schreibst

Zitierhinweis

Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Aschaffenburg, 20. Dezember 1805, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1640


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Textgrundlage

H: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl. 8°, 4 S.

Überlieferung

h: BJK, Berlin V, 138
Briefkopierbuch der Briefe Thieriots an Emanuel, H. 2, S. [14] (unvollständig).


Korrespondenz

B: Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 3. und 14. Dezember 1805
A: Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 25. Dezember 1805

Präsentat: 25 — beantw.