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Weimar 28. Apr. 6

Mein Emanuel!

– So gescheid ja pfiffig muß ich leider seyn, das merk ich weil ich es mit dem Volke hier aushalte, das vom Pfiffe lebt – und in Frieden lebe, statt unter Feindlichkeiten stündlich. Wenn es mir Ernst wäre hier zu bleiben, so wollt ich mich gleichwohl vor nichts fürchten. Aber ich fang an und fürchte, man kann in meiner Laufbahn nicht viel derbes durchsetzen. Ein tüchtiger Handwerksmann kann und darf den Kunden, denen er Ueberschuh anmißt, für seine Müh und ihr Bedürfen weit mehr und beherzigtere Wahrheiten sagen und anthun als – eine Geige, die nur im Himmel was gilt – wenn es hoch kommt – und wirkt. Könnt ich möcht ich einst noch das Feld baun, des Waldes warten oder das Waßer leiten: das scheint mir doch das schönste Handwerk.

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30ten

Ich bin noch nicht entschloßen und nicht beschieden, was ich hier thun werde. Man zeigt auf meine wie es scheint nachdrüklich gewesenen Empfehlungen viel Lust, mich zu hören, ja nach Gelegenheit hier zu fixiren – aber während der Zeit, daß so etwas hier zeitig wird (wo noch eine Hoftrauer zukommt) vergeht mir – noch außer der Zeit – immer mehr die Lust, hier zu wohnen. Indem ich so noch Alles im Ganzen zu dem alten Zweke das langsam Dienliche suche, muß ich mir vorwerfen, daß ich mich vielleicht umsonst so aufhalte – und so handl' ich mir zuweilen selbst der Queer.

So hab ich mich mit Göthe schon besorg ich vergangen – 3 Tage spart' ich mir ihn auf; am 4ten, als ich 2mal bei ihm abgewiesen war, übereilt' ich Alles in einer augenbliklichen Vorbildung meiner oder – seiner nahen Abreise. Ich schreib' es der Eva – wenn ichs abschicke – |3 wie es mir mit ihm ging (den ich noch nicht gesehen) u. sie soll Dirs dann zuschiken.

Wenn ich auch nicht immer schreibe, mein Freund; ich lese, wie sonst.

O weise doch die Jette zur Hofmann – war es nicht zu spät.

Die Heim / Hofräthin war ja in Welkershausen; den alten etwas älteren Präsidenten besucht' ich 2mal, u. fand ihn keinmal zur guten Stunde: mit der Tochter sprach ich das erstemal vorher allein und erzählt' ihr, fand sie fast unverändert. Sie schenkte mir auch Blumen u. lieh mir den Wilibald.

Ich hätt sie aber doch eher vermieden, wär ich länger im Ort geblieben. –

Dein Gruß soll bestellt werden Ewiger, Treuer!

Th.

Zitierhinweis

Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Weimar, 28. und 30. April 1806, Montag und Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1662


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Textgrundlage

H: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl. 8°, 3 S.

Überlieferung

h: BJK, Berlin V, 138
Briefkopierbuch der Briefe Thieriots an Emanuel, H. 2, S. [14]–[15] (unvollständig).

D: Abend-Zeitung, Nr. 31, 6. Februar 1843, Sp. 242f.

D: Berger, Thieriot, S. 50 (unvollständig).


Korrespondenz

B: Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 22. April 1806
A: Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 16. Mai 1806

Über dem Brief Beantwortungsvermerk von Emanuels Hand: 16 Mai beantw.