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Bayreuth, 15t Mart. 1807.

Mein Thieriot! Dein nachlaufender Bleistift wurde der Vorläufer Deiner Feder .

Vier Stunden nachher holte diese jenen in meinem Zimmer ein und das Räthsel war wie ich es erwartete gelöset.

Du und Eva habt mir recht viel Freude gemacht, recht viel; dafür sollt Ihr aber auch recht viel Dank haben.

Ich habe Dein Bleibilletchen 3 und 4 mal gelesen und kann nicht herausbringen, daß Du sonst etwas zurück haben willst, als diese einzige Zurückgabe.

Sollt' ich Dich nicht verstehen: so sag mirs und ich schicke mehr, denn ich habe alles.

Hätt' ich eine Eva, ich theilte alles was von ihr mitzutheilen wäre treulich mit Dir; da Du sie hast, seh' ich nicht ein, warum Du es nicht eben so machest, machen sollst, willst? Vom Dürfen darf keine Rede seyn.

Was ich sonst und einst gedacht und geschrieben habe, das mag zu seiner Zeit einst und sonst seinen richtigen Grund |2 gehabt haben; aber wie kann man in der Welt von Mädchens, besonders von geliebten immer dasselbe denken?

Erzähle also und theil mit, Thieriot oder da Du nicht recht erzählen kannst: so theile recht mit.

Deine verspätete Geburtstagsfeyer war schön und mir lieber als manche wobei die ganze Stadt beleuchtet ist.

Gott geb' uns nur bald Friede und dann soll die Eva bald sehen, wie ich ihr in Offenbach danken will, für die frohen Stunden, die sie Dir macht, in den Tagen der Deutschlands Trauer.

Ich gratuliere Deinem Bruder zu seinem Töchterlein und Dir zu Deiner Gevatterschaft.

Auch mir hat der liebe Gott zwei Töchter v. 6 u 8 Jahren als Kuranden gegeben.

Man hat mich nämlich zu einem Vormund gemacht, Du siehst also, daß ich zu etwas tauge, auch in der bürgerlichen Welt.

Was willst Du denn mit "u das 3te?"

|3 Grüß mir den Thieriot, sagte mein mit gefahrener Uhlfelder, als er eben fortging.

Jetzt les' ich sie die Briefe des Vater Gleims , seines Sohnes Heinsi u. die andern.

Was wollt' ich darum geben, wenn ich den besten, den menschlichsten Menschen Gleim gesehen hätte?

Kann ich mich einst, wenn ich aus dieser dummen Welt hinaus seyn werde im Himmel verständlich ausdrücken: so frag' ich gewiß gleich nach dem alten Gleim.

Aufzuzählen sind ist gewiß nicht der kleinste Theil der Wohlthaten, die dieses herzliche, reine Wesen ausgeführt und ausgeübt hat.

Die Amöne hat viel Aenlichkeit zwischen Dir und Heinsi finden wollen, ich weniger.

Mein Thieriot, in welchen Kreis von Menschen wird man durch diese Briefe geführt!

Glaubt man nicht, man müßte auch gut geworden seyn, wenn man diese Menschen hätte leben sehen können? und lebten, ja leben |4 sie nicht noch mit uns?

Heinseer hatte bei nahe Deinen Geburtstag, 15 Febr – wurde von Gleim, wie Du von mir geliebt; Du liebst mich gewiß auch wie Gleim von seinem Sohn Heinse geliebt wurde.

Oft möcht' ich mit diesen Briefen auf Dich zu laufen.

Unser himmlischer Richter – dieses hohe kräftige unermeßliche Wesen – ist fleißig und wohl; seine Caroline und seine Kinder sind es mit ihm und darob ist er mir wohl.

Nächsten Sonnabend, Du weißt es schon wer uns da geboren ward , denke Dich zu uns, auch will ich Deiner, wenn wir in meinen Zimmern froh sind, mit reiner Liebe gedenken.

Hast Du die Levana schon gelesen?

In Regensburg wollen sie schon in April reisen .

Thieriot, es wird viel von Frieden gesprochen. Friede werd' uns bald!

Wenn mir meine Menschen bleiben und wir Friede bekommen, was brauch' ich mehr?

Emanuel

Zitierhinweis

Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 15. März 1807, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1757


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin V, 138
1 Dbl. 8°, 4 S.

Überlieferung

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl. 8°, 3¾ S. Auf S. 3 wurde der Name Amöne nachträglich ausgestrichen, vermutlich von Amöne Ottos eigener Hand.

D: Abend-Zeitung, Nr. 33, 8. Februar 1843, Sp. 262–263 (gekürzt und mit falscher Datierung: Den 5. März; als Teil von Emanuels Brief vom 22. Februar 1807 abgedruckt ).


Korrespondenz

B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Offenbach, vor dem 15. März 1807