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Bayreuth, 19 Jul. 1808.

Mein geliebter Thieriot! Hast Du bekommen meinen 20ten Juni ?

Ich habe Deinen köstlichen 7ten-18ten Juni und Deinen 2ten, 5ten u 6 Julii und Deinen Jüngsten v. 18 Jul.

Deinem Bruderder Dir beiliegend seine Hand reichet – konnt' ich Deine, erst nach seinem und meinem Geburtstage empfangen, vorher nicht mittheilen.

Meiner wurde von großen und kleinen Kindern sehr schön gefeiert, mein guter Sohn.

Die Gütle, die so gute Suppen kocht, läßt Dich grüßen.

"Wollten Sie wohl so gütig seyn, Emanuel, und Thierioten in meinem Namen bitten, mir seine Meinung und Bemerkungen über das was er bei Pestalozzi gesehen und gehört hat, mitzutheilen?"

"Mehr als das Wissenschaftliche, worein ich ohne dieß kein Mißtrauen setze, intereßiren mich die kleinen Details der Lebensweise der Schüler, ob sie an Ordnung und Reinlichkeit gewöhnt werden pp"

Dieß bittet Jette die Mutter.

|2 In einem 2ten Brief sagt sie: "Jetzt lese ich v. Pestal. das Buch der Mutter.

Ich hoffe und freue mich darauf, daß Thieriot meine Bitte erfüllen wird."

Vor der Hand, bis Deine nach kommet, schick' ich ihr, was ich von Deiner aus Yverdon Brauchbares für sie habe.

Die Franzosen erlauben es noch nicht, mein Thieriot, daß ich zu Dir kommen kann; auch nicht, daß ich mit Brauns nach Schaffhausen und an Bodensee reisen kann, wozu ich eingeladen bin.

Doch ging ich mit unsrer Voigt in der vorigen Woche nach Gräfenthal, um daselbst Caroline Bachoff wieder zu sehen und 2 Tage recht glücklich zu seyn.

Caroline kam von Rudolstadt – 7 Stunden weit – zu uns entgegen, da sie durchaus nicht ganz nach Schwarzach gehen kann, weil sie mit ihren lieb beid en Braunfelser Prinzeßinen daselbst auf Besuch ist.

Wie viel giebst Du mir, mein Thieriot, durch Deine Briefe und wie viel nimmst Du mir durch ihre Dunkelheit?

|3 Sag mir nur um Gottes Einfalt und Deiner Kindlichkeit willen, kannst Du denn nicht so Deinem Emanuel mehr sprechen in Entfernung wie Du es sonst und oft?

Wiederholend les' ich Dich, immer nicht genau wißend, ob wohl, ob nicht so Dir ist; ob Du die Menschen recht genommen, ob Dich sie so genommen.

Weißt denn Du es nicht, wie Du Deinen Emanuel erfreuen würdest, mit einer einfachen, schlichten Erzählung der Menschen und Gegenstände, die Dich jetzt umgeben?

Und Du kannst es, wenn Du willst noch immer, denn Du hast ia Deinen 7-18ten Juni mir geschrieben.

Könnt' ich Dich nur haben und holen, Thieriot, Du solltest mich bald bei Dir haben.

Sag mir etwas über Dein eigentliches Yverduner Lebensziel d. h. sag mir etwas bestimmteres noch, als bis jetzt, weil ich Widersprüche finde im Bleiben und Gehen pp.

|4 Meine Gedanken darf ich denken und sagen, Thieriot.Ich denke Dich recht zu denken und mein Brief v. 20t v. M. wird davon überzeugt wieder haben Dich.

Obgleich nicht geheiliget wie Du durch Kunst und Sinn, bitt' ich Dich doch zu leben mit mir, mir lassen zu leben mit für Dich, Du himmlischer Mensch!Könnt' ich Dich sehen mit Pestalozzi de n m Vater, könnt' ich Dich sehen selbst als den Vater, könnt' ich als Mann und glücklich Dich sehen!

Wenig kann ich Dir sagen über Dich in Yverdon selbst, noch weniger über die Eva, das Weib, das nicht sehen, nicht sprechen, das nur ehren, lieben und bedauern ich kann.

Hab Dank für Deine gute Wangenheims Aufnahme und für seine Hand.

Die Briefe kosten jetzt sehr viel. Schreib also größere und wo möglich durch Wangenheim oder Hofmann – wenn Du gerade einem schreibst, so wie ich es mache.

Mein Thieriot, werde und mache ruhig und glücklich!

Dein Emanuel

Zitierhinweis

Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 19. Juli 1808, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1817


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin V, 138
1 Dbl. 8°, 4 S.

Überlieferung

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl. 8°, 3⅔ S.

D: Abend-Zeitung, Nr. 39, 15. Februar 1843, Sp. 307f. (unvollständig).


Korrespondenz

B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Yverdon, 7. und 18. Juni 1808
B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Yverdon, 12. (?) Juli 1808