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B. 17. Aug. 1808.Bester u mir lieber Herr Pr.!Am 23 Jul. – ein Tag, der mir mir meine heiligste Seelenschwester gegeben wollten Sie in dem Schooß Ihrer Familie – wo befindet man sich besser? – wieder eintreffen.

Möchten Sie glücklich da eingetroffen seyn!

Ich habe Ihnen – wider mein Herz – Zeit genug gelassen, Acten zu lesen u zu schreiben; ich will Ihnen heute meinen 3fachen sehr großen, schönen, reinen u innigen Dank bringen, für Ihre lieben Zeilen v. Stuttg. , mit der Einlage , die hier wieder eine ist; f. Ihren Gruß in uns. Friedenspredigers Brieflein u f. Ihren Liebesbrif v. der an mich.Bin ich auch noch nicht so gut, um dieses Gute alles zu verdienen: so macht mich meine Freude doch meistens so gut, daß ich im Genuße derselben wohl Ansprüche auf Gutes mir erwerbe.

Sie haben mir viel Freude gemacht, sehr viel, ich kann es Ihnen nicht sagen wie viel, ich kann Ihnen auch mit Worten – die schlechtesten Werkzeuge der Seele u des Herzens – meinen eigentlichen Dank nicht ausdrücken; aber Sie sollen es wissen, daß ich ihn in mir habe, daß ich ihn fühle diesen meinen Dank u daß er sich mit Dankbarkeit ausdrücken möchte.Wie haben Sie Ihre Reise geendiget?Für Ihre Seele und Ihren Staat war sie gewiß nützlich u auch |3 für Ihren Körper muß sie es gewesen seyn.Ich habe auch eine kl. Fusreise in unsre Schweitz, ins Fichtelgebirg gemacht, die mir sehr wohl bekommen.

Meine oben berührte Seelenschwester mit Mannes Kraft u Weisheit, hat einen Sohn , den sie, mit der Zeit, Vater Pestalozzis Händen anvertrauen möchte u trug mir dieserwegen auf, uns. Th. einen Bericht abzufordern, wie es mit der Ordnung, der Reinlichkeit u überhaupt mit dem äußern Menschen in der Yverduner Anstalt aussiehet.

Den inneren Menschen daselbst d. h. den Geist darinn kennt sie mehr.

Ich bat ihn zwar, uns. Th., um diesen Bericht; ab. ich versprach der edlen Mutter einen bessern aus einer deutlichern mehr, mehr zuverläßigeren zu verschaffen.Unterdessen hat sie zwar den Herrn v. Türk gesprochen u viell. ihre Fragen beantwortet bekommen, dennoch machte ich es – denn an wen als an Sie sollt' ich mich wenden – wenn ich einen ganz richtigen Blick zu haben wünsche? – Sie zu bitten, mir mit einigen Worten, Ihre Meinung üb. diese fraglichen Gegenstände gütigst mitzutheilen.Es hat gar keine Eile, denn der Junge kann noch Jahre des Glückes an der Seite der besten Mutter zählen, ehe er das Haus der guten Eltern verlassen wird.

Da ich im Bitten bin fahr' ich darinn fort. Zehelein hat noch keine Antw. erhalten. Soll er den kranken König muniren? Oder was soll er thun? Was Sie mir Gutes v. uns. Th. sagten, das thut meiner Seele recht wohl. Ich habe – mit Voraussetzung Ihrer Erlaubniß – dem herrlichen Menschen u Bruder in Leipzig eine Abschrift v. Ihrem lieben Brief geschickt, weil er eine treue dieses Originals verdient.

Er war sehr frohe darüber u ist sehr dankbar dafür.

Gegenwärtig befindet er sich in Lion u er will mit der Hofnung in der Brust, die ihm eben Ihr Brief anfüllte – auf die seines armen Bruders zu, wenn er in Genf erfährt, daß er ihn noch in Yverdun findet.

Da ich das selbst nicht bestimmt angeben kann: so hab' ich uns. Th. in der Beilage , die Sie gütigst ihm werden zukommen lassen, aufgegeben, sogleich seinen Bruder nach Genf zu schreiben.Unmittelbar hab' ich nichts Erfreuliches, obgleich oft zerstreute, dunkele Blättlein u Papirstreiflein v. ihm.Das beiliegende böhmische Titelblatt war sein letzter Brief an mich, ab. mit keiner Silbe sonst begleitet. |4 Ich möchte Pestal. Schmid, Niederer u alle die Menschen sehen u ihnen danken, für alles was sie den guten Menschen Gutes thun.Wie freu' ich mich, daß Sie ihn bei diesen Edlen gesehen!Unsre Richters sind wohl u er sehr fleisig.

Nochmals Dank, Bester, für ds mir heilige Andenken v. Pr. d. Chamouni u meine reine Liebe u Verehrung!

Em.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Karl August von Wangenheim. Bayreuth, 17. August 1808, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1819


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Textgrundlage

Hk: DLA, B:Wangenheim, Karl August von
1 Dbl. 8°, 1¾ S. (auf S. 2 bis 4 von Karl August von Wangenheims Brief an Emanuel vom 22. (?) Juni 1808.


Korrespondenz

B: Von Karl August von Wangenheim an Emanuel. Stuttgart, 22. (?) Juni 1808
B: Von Karl August von Wangenheim an Emanuel. Chamonix und Leukerbad, 11. und 14. Juli 1808
A: Von Karl August von Wangenheim an Emanuel. Stuttgart, 22. Oktober 1808