Von Emanuel an Karl August von Wangenheim. Bayreuth, 30. November 1808, Mittwoch
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Bester u geliebtester Herr Pr!
Könnt' ich doch eine Reise an Ihrer Seite machen, wie Sie mir das Ende derselben beschrieben haben! Außer Menschen hab' ich eigentlich in Gottes großer Welt nichts als Kleines noch gesehen; und wie groß sind auch die größten Menschen, in der Nähe sie gesehen?
Diese Frage thut wohl eben der größte Mensch an sich u vergrößert sich durch sie.Vielleicht bin ich auch einst so glücklich, diese Heiligthümer der Natur zu betreten u auf [...] i hnen Ihr Andenken im Gefühl der Dankbarkeit zu erwiedern.
Besser will ich werden, es zu werden mich bemühen und dann verdienen Ihre große Leuchte leuchten zu sehen.
Ihr großer Menschen- u Staatswille ergreift mich und verdienen jene u dieser ihn: so werden Sie ihn gesegnet ins Werk übergehen lassen können.
Wohl den Fürsten und dem Lande, wo, besonders jetzt, die ersten Diener des Staats heiligen Sinn für Nazionalwohl – und also für Nazional Erziehung haben!
Heute hab' ich alles, was Sie mir für meine Freundin über Yverdon u auch üb. Fellenberg geschrieben haben, abgeschrieben.
Auch dafür dank' ich Ihnen in ihrem u meinem Namen.
Thieriot hat ihr schon, in seiner Art, eine schöne Schilderung der Anstalt geschickt. Werden wir Freude noch an uns. Th. erleben d. h. wird er des Lebens wieder froh werden?Seine Briefe bekommen Sie beiliegend mit meinem Dank wieder zurück.Zehelein wird muniern .So wie ich eine Zeile in Ihrem Brief gelesen, so fühl' ich das Bedürfniß des Dankes, also auch für Zehelein Dank!Der Pauline Briefe hab' ich gelesen, gelesen, wieder gelesen, lesen lassen u – abgeschrieben: Dank, Dank u Dank!
|2 Morgen gehen sie an Schuler in Hildburghsn ab. Darf ich keine Abschriften haben: so vernichte ich sie gleich.Und wieder Dank!Und nun zu den wichtigen Geschäftsangelegenheiten.Wie freue ich mich, daß Sie auf meine Anfrage, die damals wirklich so gemeint war , wie ich sie niedergeschrieben, doch Rücksicht genommen haben.
Noch bindet mich an mein Vaterland ein 76jähriger Vater u gegenwartig ein Rittergut , das ich vor 3½ Jahren so, gerade so überbekam, wie Arner sein Bonal , ich meine in demselben Zustand.Ich habe jedoch mehr Verdienst um Döhlau, als Arner um Bonal; denn ich habe keinen Pfarrer, keinen Freund, keinen Schulmeister, keinen Baumwollen Meier, keine Gertrud , wie er das alles hatte und noch mehr und habe doch, so viel es nur menschenmöglich war Gutes gestiftet, vieles aus- und gebessert.
So lange ich also dieser Bande nicht los bin, kann ich eigentlich nichts thun, als Plane machen, wo ich einst meine Tage beschließen will.Dieser Plan ließ auch damals mir die Frage an Sie thun.Denn ich möchte am Rhein leben u so lange das dauert noch arbeiten u nützlich seyn.Bin ich also einmal frei: so möcht' ich ein Landgut, ohne Unterthanen, denn für diese muß man kein Geld ausgeben, besitzen.Ich würde ein großes kaufen u mir dav. so viel behalten als ich bestreiten könnte und bezahlen.Wär' ich jetzt so frei, daß ich reisen könnte; so würd' ich kommen u Ihr No 2 einsehen; ab. die Franzosen u die durch sie herbeigeführte Noth u Zeitumstände laßen mich jetzt nicht weg.
Hat sich bis im nächsten Frühjahr unsre Lage gebessert: so komm' ich zu Ihnen.Unterdessen bitt' ich Sie, mir, wenn üb. diesen Gegenstand etwas entschieden werden sollte, Nachricht zu geben.
Könnt' ich einen Anschlag des dännischen Gutes haben; vielleicht könnt' ich mittel- oder unmittelbar etwas mit v. Eelking machen.Soll ich den Anschlag 1 u den 2. Ihnen zurück schicken?[...]Ein anderes mal mehr.
Heute u stets Ihr gewiß redlicher, treuer, dankbarer
Em.
Zitierhinweis
Von Emanuel an Karl August von Wangenheim. Bayreuth, 30. November 1808, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1840