Von Karl August von Wangenheim an Paul Emile Thieriot. Stuttgart, 27. Februar 1810, Dienstag

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Stuttgart den 27 Februar 10.

Das Loos ist über meine aufblühende Schulanstalt geworfen. Sie hat aufhören müßen . Ersparen Sie mir die details. Sie sind so beugend, als die Sache selber. Ich fühle mich wahrhaft unglüklich, denn der Weg meines Lebens ist hier ganz verfehlt. Für die Sache habe ich nur noch eine Hoffnung. So leise sie auch ist, so habe ich doch keine Mühe gespart, zu handeln. Vielleicht steht sie unter einem andern Nahmen, einer andern Form, einer andern directen Leitung wieder auf. Ein Schullehrer Lepple – er war einmahl 14 Tage in Yverdon – wird sich an die Spitze stellen, wenn es erlaubt wird. Steht die Sache einmahl wieder, dann wird er durch einen andern die Aufsicht führen laßen, von der schon vor mehrern Wochen errungenen Erlaubniß, nach Yverdon zu gehen, Gebrauch machen und sich dort zu seinem eben so schweren als schönen Berufe vollends ausbilden. In einigen Tagen wird es entschieden seyn, ob ich auch von diesem schönen Traume zu einer schaalen Alltagsstunde aufwachen werde. Bis dahin kann ich für Siegrist nichts thun. Kommt aber die Sache, wie ich wünsche, so soll er dabey angestellt werden, wenn er nur vorher noch einige Monate in Zürch bey Nägeli studirt haben wird. Viel zahlen wird man ihm nicht, bis er sich brauchbar gezeigt hat. Dann stehe ich aber für Verbeßerung. Zu Nebenverdienst ist hier übrigens viel Gelegenheit. In mein Haus kann ich ihn nicht aufnehmen, wenigstens jetzt nicht. Sagen Sie das dem Bruder u Schmid, die mir beyde darüber geschrieben haben. Schreiben |2 Sie mir umgehend, auf wie viel Einnahme er unbedingt Rechnung machen muß. Für 1 Stunde täglich zahlt man hier gewöhnlich 4 auch 5 f monatlich. Wie viel man hier braucht wißen Sie ja selber.

Wir brauchen Leute und wenn Sie Siegrist empfehlen können, so will ich bestimt wirken, daß er bekommt, was er braucht.

Ich höre, Siegrist der ältere hat einen Ruf nach Erfurth angenommen? Ist dieß, so folgt ihm vielleicht der jüngere u dann ist auch dise Hoffnung geschwunden.

Kieser war nicht für mein Institut zu gewinnen. Ich muß, obgleich ungern, seine Gründe, die doch nur ¼tels Gründe sind, Gerechtigkeit widerfahren laßen.

Ihre liebe Abschrift war mir ein lieber Beweis Ihrer alten Gesinnung. Es thut mir so wohl, mich mit guten Menschen verwandt zu wißen. Sey nur glüklich!

Grüßen Sie Alle und besonders die Hofmann. Die Hartmann ist krank u ich wahrlich nicht gesund – nirgends. Vale

Karl.

Zitierhinweis

Von Karl August von Wangenheim an Paul Emile Thieriot. Stuttgart, 27. Februar 1810, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1892


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin V, 273
1 Dbl. 4°, 1 ⅔ S. Über dem Brief von Karl August von Varnhagen von Enses Hand: Wangenheim.