Von Paul Emile Thieriot an Johann Joseph Schmid. Yverdon, 15. August 1810, Mittwoch

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Iferten 15. August 10

Am Luzerner Musik-Abend war ich bey Pfeiffer und bey Ihrer Schwester in Lenzburg, später bei Nägeli in Zürich. Es war mir nicht möglich, dieß zumal nach Luzern (wohin ich auch jetzt noch nicht hinlänglichen Beruf habe) zu gehen und Sigrist zu sehen. Für jetzt leb ich in meiner Musik

Was kann ich Euch Schmid, was Ihr nicht wißt? Noch immer behaupt' ich, Schulen müßen auf ihr eigentliches Schul-theil zurükgeführt werden und nur dann ist alls in Ordnung, wenn Eltern |2 ihre Kinder in Schulen zu schiken haben um das zu lernen was sie nicht zu Haus lernen können, und wenn die Schulen also auch so eingerichtet sind.

Euer eigner Spruch ist: Um diese eine allgemeine Wahrheit auf der Erde anzufangen das ist: mehr zu thun als Wahrheit zu predigen, muß man auf die Erde herabsteigen.

Die Zeit kommt auf der Erde in Anschlag, nicht die Idee allein.

|3 Wer der Welt sagen will: dazu ist jetzt der Zeitpunkt, wozu ist, muß Erst in die Welt gehen und dann in die Welt würken die er dann kennt.

Wer in Menschen eingehen will, die durch Aeußerlichkeit und Innerlichkeit gebildet sind, der muß kann nur durch das Aeußerliche in das Innerliche kommen.

Allgemein ist der Ruf: „Vater und Mutter, erzieht eure Kinder selbst“

Der rechte Vater, die rechte Mutter, selbst die schlechten, erkennen es. Jezt liegt nur daran, |4 ob jetzt zu behaupten ist daß jetzt der rechte Zeitpunkt sey, daß schon alle Eltern fähig sind ihre Kinder zu Haus zu halten, keines hinaus zu laßen.

Wollt Ihr Schmid machen, daß überall so gute Schulen sind, so daß man die Kinder nicht Ehe dieses ganz behauptet wird, müßten Schulen entbehrlich geworden sey. Und ehe Dieses ist nicht. Jetzt liegt noch daran ob zu behaupten ist daß jetzt der Zeitpunkt sey, daß schon alle Eltern ihre Kinder zu Schule nicht weiter zu schiken brauchten als daß sie Abends wieder zu Hause seyn?

Ehe dies behauptet wird, müßen überall gute Schulen seyn. Schulen sind noch nicht in Ordung. In den meisten Häusern ist physisch und moralische Verwirrung, die Kinder in lauter Uebel, so daß [...]

Zitierhinweis

Von Paul Emile Thieriot an Johann Joseph Schmid. Yverdon, 15. August 1810, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1909


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Textgrundlage

K: BJK, Berlin V, 243
1 Dbl. 8°, 4 S. Schluss fehlt.